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Von Henri Kramer: Posse um Klemund

Chaos im Stadtparlament: Abstimmung um umstrittene Personalie muss wegen Formfehler wiederholt werden

Stand:

Posse um die umstrittene Bewerbung des SPD-Stadtverordneten Andreas Klemund zum neuen Chef der Luftschiffhafen GmbH: Die Abstimmung in der Stadtverordnetenversammlung vom späten Mittwochabend muss wegen eines offensichtlichen Zahlenfehlers wiederholt werden. Das ist aber erst im kommenden Monat möglich. Vor allem das Präsidium um Sitzungsleiter Peter Schüler steht nun in der Kritik. Und die oppositionellen Linken um ihren Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg frohlocken vorerst, versuchen sie doch seit Wochen den Kandidaten Klemund zu verhindern.

Was ist passiert? Gegen 22 Uhr haben die Stadtverordneten an diesem Mittwoch den nicht-öffentlichen Teil ihrer Sitzung begonnen. Seit 13 Uhr schon tagen sie, zwei kurze Pausen dazwischen. Mehrere Teilnehmer berichteten gestern, dass Peter Schüler von den Grünen ab kurz nach 21 Uhr an einigen Stellen unsicher gewirkt habe. Und dann die umstrittene Personal-Entscheidung Klemund, bei der die Linke zunächst eine geheime Abstimmung erzwingen will und nach einigen Diskussionen damit scheitert. Die Stimmung soll laut Teilnehmern bereits da angespannt gewesen sein.

Es folgte die eigentliche Abstimmung. Bei knappen Entscheidungen muss im Stadtparlament gezählt werden. Die rechte Seite übernimmt Peter Schultheiß (CDU). Neun Ja- und vier Nein-Stimmen sagt er an. Allerdings werden im Präsidium wohl nur vier Ja-Stimmen verstanden. Im linken Block zählt Sigrid Müller (Linke) zudem 18 Nein-Stimmen, obwohl sich mit Pete Heuer einer ihrer Fraktionskollegen enthalten haben soll. Schließlich verkündet Peter Schüler 23:22 Stimmen gegen Klemund. Eine Niederlage für die Stadtkoalition um SPD, CDU, Grüne und FDP.

Und so denken die Koalitionäre beim nächsten Tagesordnungspunkt noch über diese böse Überraschung nach, ist es seltsam ruhig. Plötzlich soll Martina Engel-Fürstberger (FDP) gerufen haben: „Das geht nicht.“ Das Ergebnis der Auszählung könne nicht stimmen. Die Sitzung muss unterbrochen werden. Noch einmal werden die Stimmen überprüft. Dabei kommt heraus: 27:22 Stimmen wären es eigentlich gewesen. Doch weil bereits ein neuer Punkt der Tagesordnung erreicht ist, kann in der aktuellen Sitzung nicht erneut abgestimmt werden, heißt es. Unruhe. Und plötzlich soll Scharfenberg seinen Intimfeind Heuer angebrüllt haben, wegen dessen Enthaltung. Am Tag danach spricht Scharfenberg von einem „Meinungsaustausch.“

Sowieso sind die Bewertungen des erneut chaotischen Endes einer Stadtverordnetenversammlung denkbar unterschiedlich. Scharfenberg gibt sich zufrieden: „Das Ergebnis bestätigt unsere Position.“ Der neue Chef des Luftschiffhafens müsse eine Person sein, die an solch einer Position breite Akzeptanz finde. Deswegen solle sich Oberbürgermeister Jann Jakobs überlegen, ob er wirklich noch einmal über Klemund abstimmen lasse.

Dagegen gibt sich Potsdams Stadtkoalition zwar zerknirscht, aber auch fest entschlossen, ihre Personalie doch noch zu bestätigen. Eigentlich habe es eine deutliche Mehrheit für Klemund gegeben, so SPD-Fraktionschef Mike Schubert. Doch habe es „leider“ einen Formfehler gegeben, so Schubert weiter: „Dies hätte das gesamte Präsidium als Kollektivgremium erkennen und darauf reagieren müssen.“ CDU-Fraktionschef Michael Schröder spricht am Tag danach sogar vom Zustand des „Tiefschlafs“, in dem sich das Präsidium „kollektiv“ befunden habe.

Die Formulierung „kollektiv“ soll dabei wohl auch den von der Stadtkoalition eingesetzten Stadtpräsidenten Schüler schützen. Dieser war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Schon in der Februarsitzung der Stadtverordneten waren ihm Fehler in der Sitzungsleitung vorgeworfen worden.

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