Landeshauptstadt: Potok und Plog müssen Hand in Hand nach Paris
Warum Studio Babelsberg nicht allein an die Fernsehmacher aus Hamburg verkauft werden sollte
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Warum Studio Babelsberg nicht allein an die Fernsehmacher aus Hamburg verkauft werden sollte Babelsberg - Das Studio wird verkauft. So viel steht fest. Doch wenn der Eigentümer, der Vivendi-Konzern in Paris, sehr bald einem der zwei Bieter den Zuschlag erteilt, dann werden auch die Weichen für die Zukunft eines Ortes gestellt, der wie kein anderer in Deutschland für große Filmgeschichte steht – in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart. Auf der Käufer-Seite steht zum einen Studio Hamburg. Es gehört zum Norddeutschen Rundfunk (NDR), ist öffentlich-rechtlich und auch schon Besitzer der Berliner Studios Adlershof. Zum anderen hat sich um Studio-Geschäftsführer Thierry Potok eine Gruppe geschart, die Babelsberg im so genannten „Management Buy-out“ aus dem Vivendi-Konzern herauskaufen will. Wer hier der „gute“ und der „böse“ Käufer ist, ist für viele glasklar: Steigt Studio Hamburg in Babelsberg ein, wird Schluss sein mit den internationalen Kinofilmen, mit Stars aus Hollywood, weiß die Branche. Denn das internationale Geschäft ist kein Terrain der Hamburger. Mit ihnen zögen Serien und Talkshows in die altehrwürdigen Studiohallen – und die Hälfte der 260 Mitarbeiter müsste gehen. Das schlägt nicht nur eine Mc Kinsey-Studie vor: Dass Fernsehen nicht so viel Arbeit macht wie ein Fantasy-Abenteuer mit Jackie Chan, wissen alle, die im Babelsberger „Art Department“ ihr Handwerk tun. Diese 85 festen Mitarbeiter sind seit April 2004 in einer eigenständigen GmbH zusammenfasst, gehören aber als hundertprozentige Tochter weiter zum Studio. Diese Ausgliederung erscheint wie eine Sicherheitsmaßnahme, zumal das Art Department auf der Suche nach einem Gesellschafter außerhalb der Filmbranche ist, um sich andere Märkte zu erschließen. Für den Käufer Studio Hamburg jedoch spricht die Sicherheit, die gebührenfinanzierte TV-Produktionen mit sich bringen. Keine Gefechte mehr um Hollywood-Produktionen, dafür konstante Einnahmen aus Sender-Aufträgen. Eine reizvolle Aussicht, wenn man sie aus der Perspektive des Brandenburger Wirtschaftsministeriums betrachtet. Schließlich schreibt Babelsberg laut Bilanz des Jahres 2002 noch immer rote Zahlen, würde Studio Hamburg eine auf Jahrzehnte ausgelegte Stabilität mitbringen – und dem CDU-Minister Ulrich Junghanns eine Erfolgsmeldung direkt vor der Landtagswahl im September bescheren. Natürlich gibt es derzeit zum Thema Babelsberg „keinerlei Stellungnahme“ aus dem Junghanns-Ressort. Wann die Entscheidung fallen soll, weiß auch der Studio-Betriebsrat nicht. Den derzeitigen Verhandlungsmarathon aber kommentiert der Vorsitzende Jan-Peter Schmarje so: „Da muss es jemand sehr eilig haben“. Das Wirtschaftsministerium aber könnte unter Druck geraten, wenn es weiter an der „Hamburg-Lösung“ festhält. Schon jetzt ist der öffentliche Gegenwind groß, wird der Tod eines Mythos befürchtet. Allerdings muss bei allen düsteren Prophezeiungen beachtet werden, dass es Potok selbst war, der NDR-Intendant Jobst Plog zu Gesprächen bat. „Wir trauen erst mal keinem der Bieter“, sagt Betriebsratschef Schmarje. Zumal weder Hamburg noch Babelsberg bisher ein Konzept vorgelegt hätten. Doch während Studio Hamburg es scheinbar leicht hat, seine Trümpfe auszuspielen, wird sich Minister Junghanns über einen Faktor nicht so schnell hinwegsetzen können: Potok hat es mit einem harten Konsolidierungskurs geschafft, das Studio in wirtschaftlich sicherere Bahnen zu lenken – und schon jetzt stammen 50 Prozent der Umsätze aus dem TV-Geschäft. Die Ideallösung kann also nicht Studio Hamburg heißen. Die Norddeutschen müssen sich mit den Babelsbergern zusammentun, Potok und Plog müssen Hand in Hand in Paris anklopfen, um für den Traditionsstandort beides zu erreichen: Großes Kino und ein sicheres TV-Auskommen.
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