
© A. Klaer/ Repro: PNN
Von Henri Kramer: Potsdam als Solarkataster
Neue Internetseite „Sun Area“ zeigt knapp 50 000 Dächer der Stadt – und ihre Eignung für Solar-Anlagen
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Auf Potsdams Dächern befinden sich im Bundesvergleich unterdurchschnittlich viele Solarstrom-Anlagen. Damit sich das ändert, will die Stadtverwaltung demnächst eine neue, für Potsdam revolutionäre Internetseite namens „Sun Area“ anbieten – als erste Stadt im Land Brandenburg. Das sagte den PNN jetzt Klaus-Peter Linke von der Klimaschutzstelle der Stadtverwaltung: „In spätestens einem Monat geht die neue Seite online“.
Das mehrfach preisgekrönte „Sun Area“-Projekt wird schon in mehr als 150 Kommunen in ganz Deutschland verwendet. Das Prinzip ist einfach: In der Draufsicht werden auf der „Sun Area“-Seite alle knapp 50 000 Gebäude von Potsdam gezeigt. Mit einem Mausklick können sich die „Sun Area“-Nutzer – etwa Hausbesitzer – dann anzeigen lassen, ob ihr Dach für eine Solarstrom-Anlage genügend Sonneneinstrahlung erhält und wann sich eine solche Anlage refinanziert.
Für dieses umfassende „Solarkataster“ sei Potsdam im März mit Laserscannern aus großer Höhe überflogen worden, sagte Dorothea Ludwig, Geoinformatikerin an der Hochschule Osnabrück, die das Projekt „Sun Area“ mitentwickelt hat. Alle Dächer, Bäume und hohen Gebäude hätten so in einem 3D-Modell abgebildet werden können, so Ludwig. Das „Sun Area“-Programm zeigt nun je Dach in drei Bewertungsstufen an, ob es gut, durchschnittlich oder weniger gut von der Sonne angestrahlt wird. In die Rechnung einbezogen sei auch der unterschiedliche Lauf der Sonne innerhalb der Jahreszeiten, so Forscherin Ludwig. Einen Ertragsrechner, der für jedes Dach anzeigt, wann sich der Kauf einer Solar-Anlage lohnt, steht ebenso zur Verfügung. „Seit es diese Seite in Osnabrück gibt, ist das Interesse an Solaranlagen extrem gestiegen“, sagte Ludwig. Handwerker der Region, die sich auf Solar-Technik spezialisiert hätten, seien kaum mit Aufträgen nachgekommen.
Bei Solarstrom hat Potsdam noch Nachholbedarf, heißt es im aktuellen Klimaschutzkonzept der Stadt. So liege die erzeugte Strommenge über Solaranlagen erst bei 0,1 Prozent des gesamten Bedarfs in der Landeshauptstadt. Da gebe es noch viel Potenzial: Nach der „Sun-Analyse“ seien 1,89 Quadratkilometer der Potsdamer Dachflächen für die Stromerzeugung mittels Photovoltaik geeignet. „Damit könnte man rund 40 Prozent der in Potsdam benötigten Energie erzeugen“, so Ludwig. Ebenso würden 110 000 Tonnen klimaschädliches Kohlendioxid jährlich eingespart – bis 2020 will Potsdam über verschiedene Maßnahmen rund 170 000 Tonnen weniger ausstoßen.
Doch Konflikte gibt es mit dem Denkmalschutz. 29 Prozent der Potsdamer Dächer gehören laut Ludwig zu Denkmälern. Und die geplante Pufferzone um das Unesco-Welterbe sowie Sichtachsen seien in der Kalkulation für „Sun Area“ noch nicht berücksichtigt. „Einen Workshop mit den Denkmalschutzbehörden der Stadt hat es schon gegeben, die Meinungen wurden ausgetauscht“, so Linke.
Nicht nur in Potsdam gibt es solche Probleme. Mit dem Interessenkonflikt Solardach versus Denkmalschutz haben sich bundesweit schon Gerichte auseinandergesetzt. So urteilte das Verwaltungsgericht Berlin in diesem Monat, die Errichtung einer Solaranlage auf einem denkmalgeschützten Haus sei zulässig. Andere Verwaltungsgerichte haben solche Anträge aber auch abgelehnt, etwa in Neustadt an der pfälzischen Weinstraße.
Doch auch ohne Denkmalschutzflächen bietet Potsdam solares Potenzial. „Sehr große, sehr gut geeignete Dachflächen“ sind laut Ludwig auf 130 Gebäuden außerhalb denkmalgeschützter Bereiche ermittelt worden: Durch die gezielte Ansprache der Eigentümer dieser Gebäude könnte schon viel erreicht werden.
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