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Landeshauptstadt: Potsdam braucht 300 Kilometer Radwege

Stadt will im Frühjahr neues Konzept vorlegen / Entwurf sieht 160 Kilometer „Hauptrouten“ vor

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Das letzte Mal hat sich Potsdam zur Bundesgartenschau 2001 dem Radverkehr im großen Stil gewidmet. Doch die damals erreichten Verbesserungen reichten heute nicht mehr aus, außerdem sei noch nicht alles Geplante umgesetzt, sagt der Verantwortliche in der Stadtverwaltung Bernd Kahle. Das Berliner Büro „Kommunal Data“ mit Rainer Schneewolf hat jetzt einen Entwurf für ein neues Konzept vorgelegt (PNN berichteten). Das darin auf einer Karte verzeichnete Zielnetz bezieht ausdrücklich die Gärten des Welterbes mit ein. Danach führen mindestens drei Hauptrouten der ersten Stufe durch den Park Sanssouci und weitere durch die übrigen Parks. „Die Umwege für Radfahrer wären einfach zu groß“, bemerkt Schneewolf zur Notwendigkeit. Der Verkehrsplaner verfügt nicht nur über Radverkehrs-Erfahrungen in Potsdam – er hat das erste Radverkehrskonzept entwickelt – sein Büro hat auch Berlin-Mitte für Radfahrer konzipiert.

Nach den Zählungen der Potsdamer Verwaltung hat sich der Anteil der Verkehrsteilnehmer auf dem Fahrrad von 1991 bis 2003 verdoppelt. Das heißt, 2003 bewegten sich zwanzig Prozent der Menschen per pedales durch Potsdam. Nach den aktuellen Planungen geht die Verwaltung bis zum Jahre 2012 gar von 27 Prozent aus. Die Zunahme des Radverkehrs geht vor allem auf Kosten der Fußgänger, nur zu einem geringen Teil auch zu Lasten der individuellen motorisierten Beförderung. Auf Kurzstrecken ist wegen der steigenden Spritpreise nach Meinung von Experten mit einem weiteren Umstieg auf das Fahrrad zu rechnen.

Das Konzept von Schneewolf, der nach eigenem Bekunden 800 Kilometer in Potsdam auf dem Rad zurückgelegt hat, basiert auf eingehenden Analysen der Situation und zeigt die wichtigsten Defizite auf. So ist in vielen Bereichen der Fahrbahnbelag schlicht unzumutbar, Straßenquerungen sind teilweise lebensgefährlich und die Breite von Radwegen nicht ausreichend. Für einen Radfahrer ist es zum Beispiel nahezu halsbrecherisch, aus dem Bereich Wollestraße in Babelsberg oder Carl-von-Ossietzky-Straße in der Brandenburger Vorstadt ins jeweilige Zentrum zu gelangen. Es fehlen Radwege, obwohl die Seitenstreifen der Straßen dicht mit Autos zugeparkt sind. Mehrere Verkehrsknoten in der Innenstadt stuft der Verkehrsexperte als „problematisch“ ein, zum Beispiel von der Babelsberger Straße zur Langen Brücke, von der Friedrich-Ebert-Straße zur Breiten Straße, die Querung vom Horst- zum Schlaatzweg und die vom Hauptbahnhof zur Großbeerenstraße.

Laut Schneewolf sei für Potsdam ein gut ausgebautes Radwegenetz von über 300 Kilometern Länge erforderlich. In dem von ihm vorgelegten „Zielnetz“ gehören 160 Kilometer zur „Hauptroute erster Ordnung“, das sind top-ausgebaute und sichere Radwege. Weitere 79 Kilometer sind Hauptrouten zweiter Ordnung und schließlich 69 Kilometer Nebenrouten.

Die Hauptrouten folgen im Wesentlichen den Hauptverkehrsstraßen, was bei einer Beratung des Verkehrstisches, einem ehrenamtlichen Bürgergremium der Stadt, als problematisch angesehen wurde. „Warum müssen wir uns dem Schmutz und den Abgasen auf den Hauptverkehrsstraßen aussetzen?“, war zu hören. Es müsse daher über alternative Radverbindungen, die nicht den Autostraßen zugeordnet sind, nachgedacht werden. Unverständlich sei ferner, dass die Einbahnstraßen nicht für das beidseitige Radfahren geöffnet sind. Allerdings mache das nur Sinn, wenn es sich nicht um eine Holperstrecke handele, was in den meisten Altbaugebieten der Fall sei. Die Stadtverwaltung will bis zum Frühjahr das neue Konzept fertig stellen und dem Verkehrstisch zur erneuten Beratung vorlegen. Im März oder April könnte die Stadtverordnetenversammlung darüber beschließen.

Laut Schneewolf sind für den Radverkehr erhebliche Investitionen erforderlich. Es gehe nicht nur um Kosmetik, sondern um den Ankauf und Ausbau neuer Flächen. Gänzlich unerwähnt bleibt dabei bis jetzt das Problem der fehlenden Fahrradstellflächen.

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