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Landeshauptstadt: Potsdam führt die Bettensteuer ein

Stadtparlament stimmte für Abgabe. Einführung noch 2014 geplant. Hoteliers kündigten Klagen an

Von Katharina Wiechers

Stand:

Touristen, die in Potsdam übernachten wollen, müssen künftig eine Bettensteuer bezahlen. Das beschlossen die Stadtverordneten am gestrigen Montag mit eindeutiger Mehrheit. Voraussichtlich noch in diesem Jahr soll die Abgabe eingeführt werden – dann müssen private Potsdam-Gäste fünf Prozent auf den Nettoübernachtungspreis noch einmal draufschlagen (siehe Kasten). Die Stadt rechnet dadurch mit zusätzlichen Einnahmen von rund 870 000 Euro.

Das Geld soll in die Sanierung und den Neubau von Potsdamer Schulen fließen – wegen des enormen Bevölkerungszuwachses benötigt die Stadt in den kommenden Jahren insgesamt 160 Millionen Euro für den Schulausbau. Die Übernachtungssteuer, wie die Taxe offiziell heißt, sei ein wichtiger Baustein für die Finanzierung dieses Pakets, sagte Potsdams Kämmerer Burkhard Exner (SPD) vor der Abstimmung im Stadtparlament.

Kritik an der Steuer kam vor allem von der FDP. In der Begründung heiße es, die Steuer werde eingeführt, um die Touristen an der von ihnen womöglich genutzten Infrastruktur zu beteiligen, sagte der Stadtverordnete Rolf Berndt. Da es aber auch Gäste gebe, die die Potsdamer Infrastruktur gar nicht nutzen wollten, handele es sich hierbei um eine Zwangsbeglückung. Außerdem wirke sich die Bettensteuer negativ auf den Wirtschaftsstandort Potsdam aus, fügte Ute Bankwitz vom Bürgerbündnis hinzu. Die Bettensteuer zeuge von einer „mangelnden Wertschätzung des unternehmerischen Engagements“.

Auch Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg betonte: „Wir halten nichts von der Bettensteuer.“ Da seine Fraktion aber die Schulentwicklung nicht gefährden wolle, werde sie sich bei der Abstimmung enthalten. Dies tat sie dann auch – abgesehen von den Abgeordneten Stefan Wollenberg und Ralf Jäkel, die der Vorlage zustimmten, was für einige Unruhe im Parlament sorgte. Schließlich war eigentlich eine rot-rot-grüne Mehrheit verabredet worden.

Die Mehrheit für die Bettensteuer kam dennoch zusammen: SPD, Grüne, Potsdamer Demokraten und die beiden besagten Linke-Abgeordneten stimmten dafür. Nun muss sie vom Innenministerium geprüft werden – schließlich ist Potsdam die erste Kommune in Brandenburg, die eine Bettensteuer einführt.

Deshalb ist auch unklar, was das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg zu der Steuer sagen wird. Während einige Oberverwaltungsgerichte in Deutschland die Steuer bemängelten, wurde die Bettensteuer der Stadt Flensburg kürzlich vom OVG Schleswig-Holstein bestätigt. Dass sich auch das hiesige OVG mit der Abgabe beschäftigen wird, ist indes schon sicher – der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) hat bereits jetzt Klagen angekündigt.

Dazu hätten sich bereits mehrere Hoteliers bereit erklärt, sagte der Potsdamer Dehoga-Chef Arndt Gilka-Bötzow am Montagabend den PNN. In erster Instanz würden diese vom Dehoga-Landesverband Brandenburg, in zweiter Instanz vom Dehoga-Bundesverband unterstützt. Sollte die Klage Erfolg haben, müsste die Stadt alles wieder zurückzahlen, so Gilka-Bötzow. Kämmerer Exner, der mit den Klagen bereits rechnet, sieht dem gelassen entgegen: „Unter Umständen müssen wir die Satzung eben noch mal anpassen“, sagte er am Montag.

Ein Schaden sei ohnehin auch jetzt schon eingetreten, meinte Gilka-Bötzow. „Dieser Beschluss bedeutet einen Rückschritt für das Zusammenspiel von Wirtschaft und Politik in Potsdam“, sagte der Dehoga-Chef. Die Unterstützung im sportlichen und kulturellen Bereich, die die Hoteliers jahrelang geleistet hätten, würde nun auf ein Minimum heruntergefahren, kündigte er an. Jährlich rund 250 000 Euro seien bislang etwa für die Fête de la Musique, das Weberfest, für die Wissenschaftsetage im Bildungsforum oder Trikots von Jugendmannschaften ausgegeben werden.

Schon im vergangenen Sommer war die Bettensteuer im Gespräch gewesen. Damals hatte das Stadtparlament nach einer Gegenfinanzierung des Parkpflege-Zuschusses für Sanssouci von einer Million Euro jährlich gesucht. Zunächst hatte die Stadt eine Tourismusabgabe vorgeschlagen, später hatte die Rathauskooperation die Bettensteuer ins Gespräch gebracht. Doch letztlich fand keines der beiden Modelle eine Mehrheit bei den Stadtverordneten, stattdessen verhängte Exner eine Haushaltssperre. Dieses Mal ging es um die Schulfinanzierung – diesem Problem wollten sich die meisten so kurz vor der Kommunalwahl nicht entziehen. Zulasten der Touristen.

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