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Landeshauptstadt: Potsdam im Fußballfieber

Tausende Fans feierten den Auftaktsieg in der Landeshauptstadt: Public Viewing am Tor bis auf den letzten Platz gefüllt / Platzeck stellt bei Eröffnung Lotto-Gelder für Fanladen in Aussicht

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Innenstadt - Gähnend leere Straßen, dafür Jubel auf Plätzen, in Kneipen und Cafés sowie ein Autokorso durch die Innenstadt nach dem Spiel – die deutsche Mannschaft wurde nach dem erfolgreichen Auftakt der Fußball-WM 2006 von mehreren tausend Menschen in der Potsdamer Innenstadt bejubelt. Allein 2000 Fans pilgerten ausgestattet mit Fahnen zum Brandenburger Tor, aber auch im Kutschstallhof, auf dem Luisenplatz oder vor den vielen Bildschirmen der Gastronomen drängelten sich die Fans und sahen die Tore von Philipp Lahm, Miroslav Klose und Torsten Frings: Gekleidet wie die Nationalspieler und stimmgewaltig wie Rammstein sorgten sie während des 4:2 für Deutschland gegen Costa Rica für wahre WM-Stimmung im Zentrum der Landeshauptstadt.

„So seh“n Sieger aus“ und „So was ha“m wir lange nicht gesehn, so schön, so schön“ jubelten die Anhänger der deutschen Mannschaft über die Plätze der Innenstadt. Dabei standen sie am Platz vor dem Brandenburger Tor auf Gerüsten und Erkern, um das Spiel auf dem Bildschirm verfolgen zu können. Zu groß war der Andrang – auf das Areal wurde nur reingelassen, wenn andere den Platz verließen. Bereits zwei Stunden vor Anpfiff füllte sich die Arena am Tor, an dessen „Flügeln“ eine 25 Quadratmeter große Leinwand sowie ein WM-Studio aufgebaut wurde. Liefen die Fans der deutschen Mannschaft bis zum Eingang noch mit einer Bierflasche in der Hand umher, war spätestens dort Schluss für die mitgebrachten Getränke. Denn vor dem offiziellen Public-Viewing-Bereich werden Taschen, Rucksäcke und teilweise auch Personen kontrolliert. Drei Euro kostet das Bier an den Ständen, gesessen wird auf Holzbänken. Auch die Cafébetreiber haben ihre Stühle in dem Areal hingestellt. Und wer nicht unter den Fans sitzen will, kann ein ViP sein: Für 68 Euro bietet der Caterer des Schlosses Diedersdorf ein Paket für „very important persons“. Darin enthalten sind Fußball gucken über die Köpfe der Fans hinweg sowie Essen und Trinken. Gesessen wurde jedoch kaum am Brandenburger Tor: Jedes Tor der Deutschen wurde frenetisch bejubelt, die beiden Gegentore missbilligend hingenommen.

Eröffnet wurde die Area am Kopf der Brandenburger Straße, die kaum noch Platz für Passanten bietet, die mit Fußball nichts am Hut haben, gestern Nachmittag von Ministerpräsident Matthias Platzeck und Oberbürgermeister Jann Jakobs. Während der gesamten WM sollen auf der Videoleinwand auf dem Vorplatz des Brandenburger Tores 56 Fußballspiele live übertragen werden. Auf einer Bühne sind Talkshows und Interviews mit Prominenten geplant. Dazu kommen kulturelle Veranstaltungen, sportliche Aktionen und Modenschauen – nach Angaben der Veranstalter auch an spielfreien Tagen. Das Programm beginnt täglich um 13 Uhr und dauert jeweils bis gegen Mitternacht. Auf der Fanmeile entlang der Brandenburger Straße (täglich bis 22 Uhr) sollen Fußballwetten, Torwandschießen und ein Fußball-Quiz Fans anlocken. Schon gestern versammelten sich hunderte vor der Leinwand eines Döner-Standes, weil der Platz vor dem Brandenburger Tor zu voll war

Bei der Eröffnung versprach Platzeck demonstrierenden Fans des Fußball- Viertligisten SV Babelsberg 03, sich um den Erhalt des Fanladens zu kümmern. Wie berichtet hat das Land kurz vor der WM angekündigt, sich aus der Finanzierung zurückzuziehen. Sollte dies ab 1. Juli passieren, droht dem Fanprojekt Babelsberg, eines von zwei im Land Brandenburg, das Aus. Platzeck sagte, er wolle sich dafür einsetzen, dass aus dem Fonds der Lotto-Mittel die 12 500 Euro zum Erhalt bereit gestellt werden. Dabei zeigte sich Platzeck selbst als Fußball-Fan, kannte die Gegner der Qualifikationsspiele, gegen die die Ukraine auf dem Weg nach Deutschland und ins Quartier Potsdam gewonnen hat. Und er trank zur Eröffnung des Ukrainischen Marktes am am Luisenplatz ein Bier des Staates der orangenen Revolution. „Das erinnert mich an die 70er Jahre, als ich selbst einige Zeit in Kiew war“, erzählte der Ministerpräsident und frühere Potsdamer Oberbürgermeister. Es war die Studienzeit Platzecks. Auch wenn ihm einige gesagt hätten, in der Zeit der Fußball-Weltmeisterschaft könne er unpopuläre politische Entscheidungen durchbringen, wolle er davon Abstand nehmen. „Im Mittelpunkt allen Lebens steht in den kommenden vier Wochen der Fußball“, sagte er zur Eröffnung. Das erste Spiel guckte er sich im Kutschstallhof an, während Jakobs auf dem Luisenplatz den Sieg mit tausenden Potsdamern feierte. Einziges Manko: Die Leinwand im Kutschstallhof ist im üblichen 4:3-Fernsehformat, die WM wird jedoch nicht zuletzt wegen des Hauptsponsors im 16:9-Format übertragen Die deutsche Mannschaft sah also größer aus, als sie derzeit ist. jab

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