Landeshauptstadt: „Potsdam ist ein verborgenes Geheimnis“
Lloyd Phillips drehte in Babelsberg mit Quentin Tarantino und Tom Tykwer: Zur Berlinale zeigt er seine Fotos erstmals öffentlich
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Moment mal. Das sollen Bilder vom Set des Actionthrillers „The International“ sein? Auf einem Foto schart sich eine Gruppe Nonnen in weißen Gewändern um den Tresen einer italienischen Café-Bar, auf einem anderen türmen sich Melonen und Bananen hinter einer weiß verschleierten Frau, ein drittes Bild zeigt zwei Hunde, die sich küssen, während ihre Besitzer am Handy hängen. Zur Erinnerung: Im Banken-Thriller „The International“ von Regisseur Tom Tykwer geht es alles andere als besinnlich zu. So wird etwa das New Yorker Guggenheim-Museum im Kugelhagel zerlegt. Der vom Studio Babelsberg koproduzierte Film eröffnete die diesjährige Berlinale.
„The International – A Journal“ heißt nun die Fotoausstellung von Filmproduzent Lloyd Phillips, die in der Berlinale-Woche in der Fotogalerie C/O Berlin in der Oranienburger Straße zu sehen ist. Zum Eröffnungsabend am Freitag kamen neben Phillips und Regisseur Tom Tykwer auch Schauspieler Armin Mueller-Stahl und das Studio-Babelsberg-Vorstands-Duo Carl L. Woebcken und Christoph Fisser in die charmant verlebten saalhohen Räume im Backsteinbau des ehemaligen Postfuhramtes.
Es ist tatsächlich eine Art „Tagebuch“, was dort auf Einladung von Studio Babelsberg erstmals einer größeren Öffentlichkeit gezeigt wird. Denn eigentlich sind die Schwarz-Weiß-Fotografien nur für die Filmcrew gedacht, Phillips verschenkt sie nach Drehschluss als Erinnerung an das Team, erklärt Christoph Fisser. Er habe die Fotos von Phillips schon beim ersten Treffen mit ihm in Los Angeles bewundert: „Er ist nicht nur ein guter Produzent, sondern auch ein großartiger Fotograf“, sagt Fisser.
Als Filmproduzent muss Phillips sowieso Multitalent sein: Kontakte knüpfen, Geldgeber überzeugen, Genehmigungen organisieren, Termine setzen, den Überblick behalten. Dass er das alles kann, zeigt der Blick in seine Filmografie: Mit seiner ersten Produktion, dem Kurzfilm „The Dollar Bottom“, gewann er 1981 den Oscar, danach produzierte er unter anderem „Twelve Monkeys“, „Vertical Limit“ und „The Legend of Zorro“ – zur Zeit arbeitet er in Babelsberg mit Kult-Regisseur Quentin Tarantino an der Weltkriegsfarce „Inglourious Basterds“, die bald fertig werden muss – Studio-Vorstand Fisser geht von der Premiere beim Filmfestival in Cannes im Mai aus.
Dass Phillips „nebenbei“ auch noch fotografiert, und das sogar ziemlich ausgiebig, hat Tom Tykwer beim „International“-Dreh anfangs ziemlich „irritiert“, wie er sich erinnerte: Nicht nur am Set, auch in Besprechungen sei Phillips immer wieder mit der Kamera aufgetaucht. Erst als er die ersten Fotos gesehen hat, habe er begriffen, dass das zu Phillips’ Arbeitsweise gehört: „Er versucht, den Geist des Films zu erfassen und in die Produktion zu übertragen“, erklärt Tykwer.
Entstanden sind Bilder, „die gar nicht aus unserem Film zu stammen scheinen“, meint der Regisseur. Für Dani Levy sind sie sogar „ein Gegenentwurf zum Film“. Der Regisseur von „Alles auf Zucker“ kam als langjähriger Freund von Tykwer zur Ausstellung – die beiden gründeten vor 15 Jahren mit dem Babelsberger Stefan Arndt und Wolfgang Becker die Produktionsfirma X Filme. „Mit so einem Produzenten würde ich auch gerne arbeiten“, sagt Levy über Phillips.
Dass Phillips ein drittes Mal nach Potsdam kommen wird, ist indes so gut wie sicher: Der gebürtige Südafrikaner, der in Malibu lebt, plant momentan ein weiteres Projekt mit Studio Babelsberg. Mehr wolle er jedoch nicht sagen, ehe alles feststeht: „Ich liebe das Studio und die Stadt“, erklärt er. Auch wenn er während des Drehs in Berlin lebe, sei er viel in Potsdam unterwegs. Besonders die Restaurants in der Innenstadt hätten es ihm angetan: „Potsdam ist für mich ein verborgenes Geheimnis“, sagt Phillips.
Irgendwann später, als alle Reden gehalten und alle Gäste begrüßt sind, nimmt er die Kamera in die Hand. Plötzlich wirkt er wie ein Gast in seiner eigenen Ausstellung – und scheint sich in dieser Rolle wohler zu fühlen als vorher im Mittelpunkt des Interesses. Jana Haase
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