Von Jan Brunzlow und Sabine Schicketanz: Potsdam soll Krampnitz-Areal kaufen
Grüne wollen, dass Stadt Kasernen entwickelt / Verwaltung avisierte alten Investoren bereits Baugenehmigungen
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Krampnitz - Potsdams Stadtpolitik schaltet sich in die Finanz-Affäre um das Kasernengelände in Krampnitz ein. Die Bündnisgrünen im Stadtparlament fordern eine Rückabwicklung des Verkaufs des Areals an Privatinvestoren und eine Übertragung der Fläche an die Stadt Potsdam zu „mindestens den gleichen günstigen Konditionen“. Dazu soll Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) „unverzüglich“ Verhandlungen mit dem Land Brandenburg aufnehmen, heißt es in dem Antrag für die nächste Sitzung des Stadtparlaments.
Die Grünen setzen dabei auf eine Entwicklung des 112 Hektar großen Kasernengeländes als Wohnstandort durch die Stadt Potsdam: Damit könnte die Landeshauptstadt über Treuhänder ähnlich dem Bornstedter Feld den Ausbau des Krampnitzer Areals steuern und am Gewinn teilhaben. Die Grünen wollen Jakobs verpflichten, die Ausweisung eines städtischen „Entwicklungsgebietes Kaserne Krampnitz“ umgehend zu prüfen. Bis Dezember sollen Ergebnisse vorliegen. Für ihren Vorschlag brauchen die Grünen eine Mehrheit im Stadtparlament. Derzeit gehört das Gelände nach PNN-Recherchen der „Projekt Rentenvorsorge GbR“ mit ihren Gesellschaftern „Nordland Investment GmbH“ sowie „Wirtschaftscontor Mitteldeutschland GmbH“, alle mit Sitz im selben Haus in Hannover-Langenhagen.
Das Land Brandenburg hatte die Kasernenflächen, wie berichtet, vor zwei Jahren über die privatisierte Brandenburgische Bodengesellschaft (BBG) für 4,1 Millionen Euro an eine TG Potsdam GmbH verkauft. Die dubiosen Umstände des Verkaufs wurden in den vergangenen Wochen der Öffentlichkeit bekannt; die Landtags-Oppositionsfraktionen haben einen Untersuchungsausschuss dazu beantragt, der demnächst seine Arbeit aufnehmen soll.
Aus Potsdamer Sicht geht es derzeit vor allem um die aktuellen Pläne für das Kasernengelände. Dabei hatte Anfang der Woche Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) mit öffentlichen Aussagen – die er teilweise widerrufen musste – für Verwunderung gesorgt. Vor Journalisten hatte Jakobs das Kasernenareal als „nicht besonders attraktiv“ bezeichnet. Es liege weit außerhalb der Stadt, die Verkehrsanbindung sei schwierig. Für einen Investor bestünden auch aufgrund der Altlasten und Kontamination des Geländes „nicht unerhebliche Risiken“, so Jakobs: „Es hat mich immer gewundert, dass sich das einige Private zutrauen.“ Sie müssten neue Straßen bauen und Medien verlegen, damit sei Krampnitz ein „sehr ambitioniertes Vorhaben“. Außerdem sagte der Oberbürgermeister, ohne einen gültigen Bebauungsplan, dessen Erstellung ein bis anderthalb Jahre dauere, könnten die neuen Eigentümer weder Gebäude sanieren noch neu bauen. „Die können höchstens neu tapezieren“, so Jakobs. Diese Festellungen ließ er später korriegieren: Für Sanierungen in der früheren Offizierssiedlung, der sogenannten „Biedermeiersiedlung“, reiche eine Baugenehmigung aus. Der Antrag dafür ist nach Auskunft der Verwaltung jedoch bisher nicht gestellt.
Dass sie zügig eine Genehmigung erteilen wird, hat die Bauverwaltung nach PNN-Informationen noch im Juli 2010 der TG Potsdam in Aussicht gestellt. Kurz zuvor hatte es laut Aktenvermerk ein Gespräch zwischen Fachbereichsleiter Andreas Goetzmann und der damaligen „Projektkoordinatorin“ gegeben. Voraussetzungen für die Entwicklung hatten Stadt und Investor bereits in einer im September 2008 von den Stadtverordneten beschlossenen Städtebaulichen Rahmenvereinbarung geklärt. Demnach darf der Investor in der Biedermeiersiedlung auch ohne Bebauungsplan sanieren und in Teilbereichen sogar neu bauen.
Der Rahmenvertrag, der von der damaligen Baubeigeordneten Elke von Kuick-Frenz (SPD) und Rolf Haferkamp für die TG Potsdam unterschrieben wurde, unterteilt das 112 Hektar große Areal in vier Teilbereiche. Im Abschnitt 1, der Biedermeiersiedlung, soll „unter Ausschöpfung aller Spielräume der planungsrechtlichen Bedingungen kurzfristig eine Genehmigung ermöglicht werden, noch vor dem maßgeblichen Fortgang des eingeleiteten Bebauungsplanverfahrens“, heißt es in der Vereinbarung. Demnach dürfen die bestehenden Einzel- und Doppelhäuser aus- und umgebaut werden. Entlang einer wieder zu öffnenden Ketziner Straße als direkte Anbindung zur B 2 dürfen sogar neue Einfamilien- und Doppelhäuser entstehen. Und auch an anderen Stellen innerhalb dieses Bereiches dürfen Neubauten mit nicht mehr als 170 Quadratmeter Grundfläche auf 600 bis 800 Quadratmeter großen Grundstücken entstehen.
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