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Universität sorgt sich um ihre Gäste: Potsdam: Türkische Forscher dürfen vorerst bleiben
Die Uni Potsdam will sich mit Stellungnahmen zur politischen Lage in der Türkei zurückhalten. Es sei nicht die Zeit, um „mutige Statements“ abzugeben, sagte der Vize-Präsident.
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Potsdam/Berlin - Alle Dozenten türkischer Hochschulen, die sich im Ausland aufhalten, sollen in die Türkei zurückkehren: Diese Ankündigung aus der Türkei hat an Hochschulen Entsetzen ausgelöst – über die „tiefen, offenbar skrupellosen Einschnitte in die akademischen Freiheiten“, wie es in einer Erklärung der Hochschulrektorenkonferenz heißt. Der Vize-Präsident der Universität Potsdam, Robert Seckler, äußerte sich gegenüber den PNN vorsichtiger: Die jüngsten Entwicklungen in der Türkei, aber auch die Polarisierungen in den vergangenen Jahren seien Besorgnis erregend.
Ansonsten will sich die Uni Potsdam mit Stellungnahmen zur politischen Lage in der Türkei zurückhalten. Es sei nicht die Zeit, um „mutige Statements“ abzugeben, sagte Seckler den PNN. Eine Sprecherin der Uni sagte diplomatisch: „ Wissenschaftsfreiheit und insbesondere die freie internationale Kommunikation der Wissenschaftler ist überall und natürlich auch für die Türkei unverzichtbar.“
Der Grund für die Zurückhaltung: Die Universität Potsdam ist einer der wichtigsten Partner der im Aufbau befindlichen Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul, Seckler ist Vize-Präsident des Konsortiums aus 30 deutschen Hochschulen, die den Aufbau in Istanbul unterstützen und begleiten.
Auch die Partner in der Türkei müssten geschützt werden
Besiegelt worden war deren Gründung 2009 per Staatsvertrag zwischen der Türkei und der Bundesrepublik, 2014 wurde sie eröffnet. Die Universität Potsdam leitet federführend gemeinsam mit anderen Potsdamer Forschungseinrichtungen den Aufbau der naturwissenschaftlichen Fakultät in Istanbul. Bereits im Herbst soll der erste Studiengang eröffnen, 2017 zwei weitere. Parallel sind derzeit im Zuge der Kooperation drei Wissenschaftler aus der Türkei in Potsdam und Berlin tätig, darunter eine Forscherin am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Golm.
In dieser Lage würde man mit forschen Äußerungen und allzu deutlicher Kritik an den Zuständen in der Türkei „den Kollegen keinen Gefallen tun“, sagte Seckler. Auch die Partner in der Türkei müssten geschützt werden, hieß es. Trotz des offiziell verkündeten Ausreiseverbotes und der Rückrufaktion von türkischen Wissenschaftlern sei es bislang ruhig. Die Auswirkungen seien noch nicht abzuschätzen. Die beiden türkischen Wissenschaftler, die als Mitglieder der naturwissenschaftlichen Fakultät in Istanbul derzeit in Potsdam tätig sind, seien noch nicht in ihre Heimat zurückbeordert worden. Es gebe Signale, so hieß es an der Potsdamer Hochschule, dass die beiden Wissenschaftler bleiben dürften. Auch deshalb setzt Seckler auf einen unaufgeregten Umgang mit der Situation. Zumal nach den Verlautbarungen in der Türkei auch Wissenschaftler von der Rückrufaktion ausgenommen worden seien, wenn sie einer wichtigen Aufgaben im Ausland nachgingen.
Auch an der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul laufe der Betrieb bislang normal weiter. Das hat jedenfalls der Prorektor der Universität in Istanbul, der selbst bei dem Putschversuch des Militärs am Wochenende nur knapp einer Schießerei entkommen sei, seinem Potsdamer Kollegen Seckler telefonisch mitgeteilt.
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