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Zu wenig Platz. Neue Kitas wurden 2015 nicht eröffnet.

© A. Klaer

Jahresbericht der Stadt Potsdam 2015: Potsdam wird wieder jünger

Laut Jahresbericht war Potsdam 2015 jünger, bunter, autoreicher – und gefährlicher. Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Zahlen.

Von Katharina Wiechers

Stand:

Potsdam - Zehn Mitarbeiter braucht es, die drei Monate lang Daten sammeln, auswerten und in Form bringen, um den Statistischen Jahresbericht der Stadt Potsdam zu erstellen. Von 70 Quellen bekommen die städtischen Statistiker ihre Zahlenreihen geliefert – zum Teil aus der Stadtverwaltung selbst,die meisten aber von externen Einrichtungen wie Krankenhäusern, Wirtschaftsverbänden, Kultureinrichtungen oder Hochschulen. 310 Seiten stark ist der aktuelle Bericht über das Jahr 2015 geworden, am gestrigen Mittwoch wurde er von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und der städtischen Chefstatistikerin Heike Gumz vorgestellt. Ein Überblick über die wichtigsten Entwicklungen und Zahlen:

Mehr Zuzüge, mehr Einwohner

Seit 2000 kann die Stadt jedes Jahr wieder verkünden: Potsdam wächst. 2015 um genau 3837 Menschen, was einem Anstieg von 2,3 Prozent entspricht. Am meisten Zuwachs verzeichneten die Stadtteile Bornstedt, Groß Glienicke, Bornim und die Teltower Vorstadt. Das Bevölkerungswachstum liegt vor allem daran, dass viele Menschen nach Potsdam zogen – aus anderen Bundesländern wie etwa Berlin, aber auch aus dem Ausland. Tatsächlich war die Zahl der Zugezogenen vergangenes Jahr mit 12 093 Personen so hoch wie nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Auch die knapp 1500 Flüchtlinge, die 2015 nach Potsdam kamen, trugen dazu bei. Aber auch der sogenannte Geburtenüberschuss hatte daran seinen Anteil, es wurde also mehr geboren als gestorben. 1781 Geburten sind für das vergangene Jahr verzeichnet, aber nur 1620 Todesfälle.

Weniger Geburten, viele Pauls

Auch die Zahl der Geburten war viele Jahre lang angestiegen, 2015 allerdings etwas gesunken: 72 Kinder weniger als 2014 wurden geboren – trotz steigender Bevölkerungszahl. Dazu passt auch, dass die sogenannte Geburtenrate gesunken ist, die die Zahl der Geburten pro 1000 Einwohner misst. 2014 lag diese Rate noch bei 11,3 Prozent, 2015 nur noch bei 10,6 Prozent. Der Grund ist der „Wendeknick“: Zur Zeit der politischen Wende wurden in Ostdeutschland besonders wenige Kinder geboren, und weil diese jetzt – 27 Jahre nach dem Mauerfall – für Nachwuchs sorgen sollen, fällt auch dieser zahlenmäßig geringer aus. „Das wird auch in den kommenden Jahren noch so weitergehen“, prognostiziert Gumz. Wie schon seit Jahren war auch 2015 der Anteil der Mütter, die bei der Geburt ihres Kindes nicht verheiratet waren, mit 54,4 Prozent in Potsdam sehr hoch. Auch dieser Wert sei „typisch für Ostdeutschland“, so die Statistikerin. Die meisten Kinder, die 2015 geboren wurden, kamen übrigens im Juli, August oder September zur Welt. Der häufigste Jungenname war Paul (20 Kinder), der häufigste Mädchenname Charlotte (19 Kinder). 2014 waren es die Namen Emil (19) und Mia (24).

Mehr Ein-Personen-Haushalte

Dass bei einer steigenden Bevölkerungszahl auch die Zahl der Haushalte größer wird, ist logisch. 2015 gab es in Potsdam 94 877 Haushalte, 2186 mehr als im Vorjahr. Erstmals lebte in mehr als der Hälfte der Haushalte (50,9 Prozent) nur eine Person, während der Anteil der Zwei- und Drei-Personen-Haushalte etwas sank (auf 29,9 beziehungsweise 11,1 Prozent). In 19 Prozent aller Haushalte lebten im vergangenen Jahr übrigens Kinder, das waren 17 892. Jeder dritte dieser Kinder-Haushalte wurde von einer alleinerziehenden Person geführt.

Potsdam verjüngt

Wie quasi alle deutschen Kommunen ist Potsdam eigentlich eine alternde Stadt – doch dank der Flüchtlinge scheint sich dieser Trend nun umzukehren. Erstmals seit zehn Jahren ist das Durchschnittsalter der Potsdamer nicht gestiegen, sondern gesunken. 2015 lag es bei 42,5 Jahren – und damit 0,1 Jahre unter dem Wert von 2014. Laut Gumz liegt das daran, dass die meisten der knapp 1500 Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr nach Potsdam kommen, unter 30 Jahre alt waren.

Mehr Syrer als Polen

Apropos Flüchtlinge: Wegen der vielen Menschen, die 2015 aus dem Bürgerkriegsland Syrien geflohen sind und teilweise auch in Potsdam untergebracht wurden, haben die Syrer die Polen als zweitgrößte Gruppe von Ausländern in der Stadt abgelöst. Ihr Anteil lag 2015 bei 8,0 Prozent, der Anteil der Polen mit 7,7 Prozent auf Platz drei. Die meisten Ausländer kamen im vergangenen wie im Jahr davor aus der Russischen Föderation. Auch insgesamt ist der Ausländeranteil in Potsdam im Vergleich zu 2014 gewachsen – um 1,2 Punkte auf 6,5 Prozent. Brandenburgweit ist das die Spitze, im Vergleich zu westdeutschen Städten aber immer noch sehr wenig. Erstmals erfasst wurden dieses Mal auch Potsdamer mit Migrationshintergrund – also Menschen, die einen deutschen Pass haben, aber in einem anderen Land geboren wurden oder ausländische Eltern haben. 2015 lag der Anteil deutscher Potsdamer mit Migrationshintergrund bei 4,2 Prozent, das waren 0,2 Prozent mehr als 2014. Zusammengerechnet mit Ausländern ohne deutschen Pass kamen die Statistiker auf die Zahl 17 842 – 10,7 Prozent der Potsdamer kamen also aus dem Ausland oder hatten ausländische Wurzeln.

Mehr Schulen, gleich viele Kitas

Auch zum Thema Bildung haben die Statistiker wieder Zahlen gesammelt. Im Schuljahr 2015/2016 besuchten 21 011 Kinder und Jugendliche eine Potsdamer Schule, das waren 826 mehr als im Schuljahr 2014/2015. Dazu passt auch, dass drei neue Schulen eröffnet wurden – eine in kommunaler, eine in freier Trägerschaft. Kindertagesstätten wurden im Jahr 2015 keine neu eröffnet, obwohl der Bedarf groß ist. Allerdings wurden in den bestehenden Einrichtungen die Kapazitäten erweitert – 499 Kinder mehr konnten so 2015 betreut werden.

Jura und BWL studieren die meisten

Die Zahl der Studenten stieg ebenfalls an, allerdings nur sehr gering: 24 710 Personen waren im Wintersemester 2015/2016 an den Potsdamer Hochschulen eingeschrieben, das waren 128 mehr als ein Jahr zuvor. Die meisten Studenten (2551) waren im Fach Rechtswissenschaft eingeschrieben, gefolgt von Betriebswirtschaftslehre (1108) und Germanistik (993). Weitaus höher sind die Zahlen allerdings, wenn man die Online-Studenten des Hasso-Plattner-Instituts mit einbezieht. 2015 waren hier 106 989 Personen eingeschrieben, noch einmal 38 Prozent mehr als 2014.

Mehr Autos, mehr Knöllchen

Mehr Menschen bedeuten mehr Autos, das ist logisch. Doch nicht nur die Zahl der angemeldeten Pkw stieg 2015 um 1,9 Prozent auf 88 573 an, auch der sogenannte Motorisierungsgrad. 2014 kamen 415 Autos auf 1000 Potsdamer, 2015 waren es 416 Pkw. Die meisten fuhren die Marke VW (18,8 Prozent), gefolgt von Opel (9,3 Prozent) und Daimler (8,8 Prozent). Womöglich auch deshalb, weil mehr Autos auf den Straßen unterwegs waren, stieg auch die Zahl der Verkehrsunfälle an, nämlich um 170 Fälle auf 5824. Verletzt wurden dabei 705 Menschen, drei mehr als 2014. Im Potsdamer Straßenverkehr ums Leben kamen im Jahr 2015 drei Menschen, einer mehr als 2014.

Mehr Diebstähle, mehr Betrug

Auch die Kriminalität ist in Potsdam angestiegen, und zwar deutlich. 2014 wurden in der Landeshauptstadt 13 205 Fälle registriert, 2015 waren es 4220 mehr. Damit stieg auch die Zahl der Fälle pro 1000 Einwohner. 2014 waren es noch 81, 2015 schon 104. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt aber, dass die Kriminalitätsrate insgesamt deutlich niedriger ist als etwa noch in den 1990er-Jahren. Ein Beispiel: 1998 lag die Zahl der Straftaten pro 1000 Einwohner bei 170. Bei den allermeisten Straftaten handelte es sich im vergangenen Jahr übrigens um Diebstahl (49,1 Prozent). Besonders Fahrräder wurden oft geklaut, 2199 solcher Anzeigen nahm die Polizei auf. An zweiter Stelle kamen Sachbeschädigungen (2128 Fälle), an dritter Betrug (2049 Fälle).

Mehr Sonne, weniger Regen

Sogar das Wetter haben die Statistiker ausgewertet. So gab es 2015 in Potsdam ganze 1940 Sonnenstunden, 15 Prozent mehr als im langjährigen Mittel. Geregnet hat es hingegen 3,4 Prozent weniger, nämlich 566 Milliliter im ganzen Jahr. Mit durchschnittlich 10,7 Grad Celsius war es auch zwei Grad wärmer als es eigentlich sein sollte. In Potsdam ist der Klimawandel also schon angekommen – zumindest statistisch gesehen.

Hier gibt es den Jahresbericht der Stadt zum Nachlesen >>

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