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Kontrast. Die marode Fachhochschule vor dem neuen Landtagsschloss.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Potsdamer Mitte: Das Land bleibt hart

Fachhochschule und Rechenzentrum werden später ausziehen als geplant – trotz aller Kritik der Stadt

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Die Reaktionen folgten prompt: Nach den von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) erhobenen Vorwürfen, die rot-rote Landesregierung hemme an verschiedenen Stellen die Entwicklung der Potsdamer Mitte, wehren sich die angegriffenen Ministerien. Zudem nehmen Politiker der Linken das Stadtoberhaupt ins Visier.

Jakobs hatte für seine ungewöhnlich deutliche Kritik im PNN-Interview zum Jahresende zwei Beispiele genannt: Dass die völlig marode Fachhochschule (FH) Am Alten Markt noch bis 2018 stehen solle, sei ein „absolutes Hemmnis für die Entwicklung der Mitte am neuen Landtag“. Zudem sei es „nicht hinnehmbar“, wenn das Land das sogenannte Rechenzentrum an der Ecke Breite/Dortustraße noch bis 2017 nutze, sagte Jakobs.

Auf Distanz zum Oberbürgermeister ging Martin Gorholt, Jakobs’ Parteifreund und Staatssekretär im für die Fachhochschule zuständigen Wissenschaftsministerium: Er könne die Kritik so nicht nachvollziehen. „Das Land tut viel, damit sich die Potsdamer Mitte entwickelt“, sagte Gorholt am Montag den PNN. Er verwies dabei auf den weitgehend vom Land Brandenburg finanzierten Bau des Landtagsschlosses. Nachvollziehbar an den Aussagen von Jakobs sei lediglich, dass der hässlich aussehende FH-Bau tatsächlich im Kontrast zum Landtag stehe, so Gorholt.

Doch ein Auszug aus der Fachhochschule vor 2017 sei nicht möglich. Denn erst dann würden die nötigen Ersatzkapazitäten am FH-Standort an der Pappelallee geschaffen sein, sagte Gorholt – unter anderem ist ein zwölf Millionen Euro teurer Neubau sowie die Sanierung von drei Gebäuden geplant. Eine Beschleunigung des Umzugs – etwa über den Einsatz von Containern für Lehrveranstaltungen – werde als nicht sinnvoll und unwirtschaftlich erachtet. Gorholt erinnerte auch daran, dass das Land vertraglich lediglich verpflichtet sei, bis 2018 aus dem FH-Bau am Alten Markt auszuziehen: „Wir erfüllen diesen Vertrag.“ Andere Zusagen habe es auch nicht gegeben, so Gorholt.

Allerdings war für den Abriss des Gebäudes auch schon das Jahr 2012 im Gespräch gewesen, dann war der Termin immer weiter nach hinten verschoben worden. Jakobs hatte im Interview erklärt, er glaube nicht, dass der ruinöse Zustand des FH-Gebäudes noch lange gerechtfertigt werden könne: „Ich habe das auch dem Ministerpräsidenten ausrichten lassen.“ Die Stadt hat das FH-Grundstück bereits gekauft und möchte nach dem Abriss des Gebäudes dort neue Häuser bauen lassen, die zur wiederhergestellten historischen Mitte passen.

Auch das Rechenzentrum will das Land länger als geplant nutzen. Darin ist derzeit der zentrale IT-Dienstleister der Landesverwaltung „ZIT-BB“ untergebracht, der die informationstechnische Infrastruktur der Landesverwaltung betreibt. Zuständig dafür ist das Innenministerium. Sprecher Ingo Decker bestätigte, dass die Räumung des Rechenzentrums voraussichtlich erst ab 2017 möglich sein werde – für die Verlagerung des Zentrums gebe es noch keine Standortentscheidung. Bei dem Umzug sei von entscheidender Bedeutung, dass die IT-Infrastruktur und die IT-Dienstleistungen des Landes bruchlos weiterbetrieben werden könnten, um die Arbeitsfähigkeit der Landesverwaltung zu gewährleisten. „Das Land kann nicht einfach den Stecker ziehen und sich aus der IT-Welt zeitweise verabschieden“, so Decker. Gleichwohl sei dem Land bewusst, „dass diese Situation den Planungsüberlegungen der Stadt Potsdam derzeit nicht entgegenkommt“. Bei Gesprächen müssten Stadt und Landesregierung nun gemeinsam einen gangbaren Weg finden.

Die Stadt war von einem Auszug Ende 2014 ausgegangen, dann endet laut einem Sprecher auch der Mietvertrag mit dem Land. Jakobs hatte kritisiert, durch die Verzögerung bis 2017 werde der an dieser Stelle von der Stadt geplante Verkauf von Grundstücken verzögert. Bliebe es dabei, würden die der Stadt entstehenden Mehrkosten dem Land in Rechnung gestellt, so Jakobs. Dazu äußerte sich Decker nicht.

Das Rechenzentrum steht der Wiedergewinnung der sogenannten Plantage im Weg, eines historischen Platzes zwischen Breiter und Yorckstraße. Einen Teil der Fläche will die Stadt verkaufen, damit dort beim Wiederaufbau des sogenannten Langen Stalls mehr als 150 Wohnungen gebaut werden können.

Deutliche Kritik an Jakobs kam von Linken-Politikern. Im sozialen Netzwerk „Facebook“ schrieb der Prignitzer Landtagsabgeordnete Thomas Domres sarkastisch: „Was zählt schon das Land wenn es um die Potsdamer Mitte geht“. Und der Linken-Bundestagsabgeordnete Thomas Nord aus Frankfurt/Oder ergänzte: „Ich finde auch, dass sich der Potsdamer OB noch viel mehr über mangelnde Unterstützung durch die Landesregierung beschweren sollte – das wird den Rest des Landes sicher in tiefe Schuldgefühle versetzen.“ Linke-Kreischef Sascha Krämer teilte am Montag mit, die Landesregierung sei für die gleichwertige Entwicklung von ganz Brandenburg zuständig und nicht nur für Potsdam: „Jakobs’ Äußerungen zeugen von hilfloser Arroganz.“

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