Etwas HELLA: Potsdamer Ratatouille
Ratten verlassen grundsätzlich sinkende Schiffe. Da sie jedoch an Potsdam ganz ungeniert festhalten und sogar am helllichten Tage über die Straßen huschen, ist doch ein gutes Omen und beweist, dass Potsdam eine aufblühende und aufstrebende Stadt ganz ohne Sinkambitionen ist.
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Ratten verlassen grundsätzlich sinkende Schiffe. Da sie jedoch an Potsdam ganz ungeniert festhalten und sogar am helllichten Tage über die Straßen huschen, ist doch ein gutes Omen und beweist, dass Potsdam eine aufblühende und aufstrebende Stadt ganz ohne Sinkambitionen ist.
Das mussten uns allerdings nicht erst die Ratten sagen. Und schon gar nicht die von der Neustädter Havelbucht. Denn jeder kann sehen, dass sich dort der Stadthafen geradezu prächtig entwickelt. Falls Sie Mühe haben, das zu erkennen – keine Angst, das liegt nicht an ihren Augen, das liegt an der Jahreszeit. Wer schippert schon im Winter mit dem Boot durch die Gegend und läuft einen Stadthafen an, ob der nun klasse ausgebaut ist oder nicht. Das Markt-Center gegenüber punktet immerhin schon mit einem neuen Rewe-Geschäft, gut sichtbar vom Hafen aus, in dem sich auch Bootsleute perfekt eindecken können. Auch der ewig stinkende Regenwasserüberlauf ist bereits auseinandergenommen und wird durch einen besseren, hygienischen und geruchsfreien ersetzt.
Und genau das hat die Ratten auf den Plan gebracht. Wer rennt denn nicht aufgescheucht herum, wenn sein Unterschlupf von Bauleuten zerlegt wird. Jahrzehntelang durfte der Überlauf vor sich hinmüffeln und die Ratten dachten wahrscheinlich, es wird noch einmal Jahrzehnte darüber diskutiert, bis etwas geschieht. Ratten sind kluge Tiere und kennen Potsdams Diskutierfreudigkeit. Aber sie irrten und obdachlos zeigen sie verwirrt mehr Fell als für das supersaubere Potsdam gut ist.
Ich hoffe, ich verschrecke jetzt keine übersensiblen Gemüter, wenn ich darauf hinweise, dass es Ratten überall in den Städten gibt und dass man durchaus mit ihnen zusammenleben kann, wenn sie nicht so überhand nehmen wie in Hameln. Keller und andere Vorratsräume sollten sie natürlich meiden und im eigenen Interesse nicht bei Rot über die Straße gehen. Schon gar nicht über die vielbefahrene Breite Straße. Außerdem schlage ich vor, dass man ihnen antrainiert, sich regelmäßig im Gesundheitsamt zu melden. So wäre gesichert, dass sie keine ansteckenden Krankheiten verbreiten. Und wenn der Naturschutzbund noch die Rattenpille sponsert, muss man ihnen nicht mal mehr mit vergiftetem Futter drohen.
Seit ich nämlich den wunderbaren, zu Herzen gehenden Film „Ratatouille“ gesehen habe, bin ich ein Rattenfan und gestehe den klugen Nagern Wohnrecht in Potsdam zu. So weit, die Feinschmecker unter ihnen zu Chefköchen zu ernennen und sie bei Rewe zum Einkaufen zu schicken, würde ich allerdings nicht gehen. Auch meine Tierliebe hat ihre Grenzen. Und der ansonsten sehr liebenswürdige Rewe-Markt-Chef stellt seine Hygienevorschriften selbst über das beste Ratatouille.
An dieser Stelle schreibt alle zwei Wochen Hella Dittfeld über Dinge, die sie erfreuten oder ärgerten und hofft, dass dadurch Potsdam etwas heller wird.
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