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SERIE: Potsdamer Talente Die Schwerelosigkeit des Wassers

Julian Erxleben ist vierfacher Junioren-Weltmeister und will als Schwimmer zu den Paralympics 2016 nach Rio de Janeiro

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Julian Erxleben

Er schwimmt gerne seine Kilometer, Minute um Minute, Stunde um Stunde. Dabei gleitet er mühelos durch das Wasser, bringt sich mit kräftigen Armzügen immer weiter voran. Im Wasser fühlt sich Julian Erxleben schwerelos. Der paralympische Schwimmer des SC Potsdam leidet an der Krankheit Morbus Perthes. Doch das hält ihn nicht davon ab, im Schwimmbecken an immer schnelleren Bestzeiten zu arbeiten.

Als er elf Jahre alt war, da wollte Julian Erxleben gar nicht ins Wasser. „Bei meinem ersten Wettkampf war ich so aufgeregt, dass ich eigentlich gar nicht an den Start gehen wollte“, erzählt der heute 17-Jährige. Gestartet ist er damals trotzdem, wollte es versuchen und allen zeigen, was er kann. Dieser erste Schritt und die harte Arbeit haben sich für den Schwimmer schon jetzt bezahlt gemacht: Der gebürtige Potsdamer ist mehrfacher Deutscher Meister und viermaliger Juniorenweltmeister 2013. Seine Weltmeistertitel holte er über 100 Meter Brust, 50 Meter Freistil sowie in der Freistil- und der Lagen-Staffel.

Seit seinem sechsten Lebensjahr leidet Erxleben an der Kinderkrankheit Morbus Perthes, eine Erkrankung der Hüfte und einer Verkürzung des rechten Beins. Insgesamt 14 Operationen musste er sich seit seinem achten Lebensjahr unterziehen. Die Zeiten danach, während der er zur Bewegungslosigkeit verdammt war, seien für ihn immer die schlimmsten gewesen. Eben jene Zeiten, in denen er nicht ins Wasser konnte.

Die Einschränkung der Bewegung nach außen ist gerade für das Brustschwimmen, wo ein starkes Auswinkeln der Beine erforderlich ist, eine erhebliche Herausforderung. „Ich arbeite viel aus den Armen heraus, um das auszugleichen“, sagt Erxleben. Ein paar technische Kniffe schaue er sich wie jeder junge Sportler bei den Großen ab, den Weltmeistern und Weltrekordhaltern des Nicht-Behindertensports. „Aber beim Brustschwimmen hat sowieso jeder mehr oder weniger seine eigene Technik.“

In zehn sogenannten Schadensklassen treten die körperbehinderten Schwimmer an – Julian Erxleben startet in der S 10, der Kategorie der Athleten mit den geringsten Einschränkungen. Alle zwei bis vier Jahre gibt es einen Einstufungstest, ohne die Tests dürfte er weder national noch international an den Start gehen. „Gleiche Startklasse heißt aber nicht gleiche Behinderung.“ In seinen Wettkämpfen trifft er so auf Sportler mit verschiedenen Einschränkungen.

Es ist der Spaß im Wasser, der ihn hart trainieren lässt. „Ich schwimme einfach unglaublich gerne“, meint Erxleben. Und der Spaß ist es auch, was für den Zehntklässler den größten Unterschied zwischen dem Behindertensport und dem Nicht-Behindertensport ausmacht. „Beim Training oder bei Wettkämpfen nicht-behinderter Sportler steht der Leistungsgedanke meistens im Vordergrund. Da ist die Stimmung viel angespannter!“ Dass der Spaß trotz Leistungsgedanken nicht verloren gehen muss, bewies Julian Erxleben erst am vergangenen Wochenende bei den offenen niedersächsischen Meisterschaften: Mit einer Zeit von 1:17,93 Minuten auf seiner Hauptstrecke 100 Meter Brust konnte er die Norm für die Europameisterschaften in Eindhoven im Sommer knacken. Damit ist eine Nominierung zum Greifen nah.

Die Luft der großen Paralympics durfte der Schüler der Sportschule „Friedrich-Ludwig-Jahn“ schon 2012 in London schnuppern. Zwei Wochen lang besuchte er mit dem Jugendlager der Deutschen Behindertensportjugend die britische Hauptstadt und genoss die Stimmung, die bei einem solchen Großereignis herrscht. „Da habe ich erst mitgekriegt, was Paralympics eigentlich heißt. Aber das eigentliche Highlight war, dass ich Torben bei seinem Wettkampf sehen konnte.“ Mit Torben Schmidtke, dem paralympischen Silbermedaillengewinner über 100 Meter Brust, hat Julian Erxleben ein Vorbild direkt in seinem Heimatverein. „Ich finde es beeindruckend, wie hart er arbeitet!“ Und wenn Julian Erxleben weiter seine Kilometer schwimmt, kann er die Schwerelosigkeit des Wassers vielleicht auch bei den nächsten Paralympics in Rio de Janeiro 2016 genießen. Chantal Willers

Chantal Willers

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