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Der Potsdamer Religionswissenschaftler Johann Hafner.

© UP/Karla Fritze

Protest gegen Entlassungen von Professoren: Potsdamer Uni-Professor initiiert Türkei-Petition

Der Potsdamer Religionswissenschaftler Johann Hafner hatte akademischen Protest gegen Entlassungen türkischer Kollegen formuliert - und damit über 62.000 Unterschriften erhalten. Mit dieser Unterstützung hat er nicht gerechnet.

Potsdam - Der Potsdamer Religionswissenschaftler Johann Ev. Hafner hat eine Petition zur Solidarität mit türkischen Wissenschaftler auf den Weg gebracht. Bis Dienstag hatte der Inhaber des Lehrstuhls für Religionswissenschaft mit dem Schwerpunkt Christentum an der Universität Potsdam damit bereits 62 227 Unterstützer und Unterstützerinnen auf Change.org gefunden. Die von Hafner initiierte Petition an die türkische Regierung, die von knapp 20 weiteren Wissenschaftlern und Engagierten mitgetragen wird, verurteilt laut Aufruf die „ungerechtfertigten Entlassungen von Professoren und Lehrern, die gezielte Einschüchterung von Presseleuten und Intellektuellen – seien sie Gülen-nah oder nicht - und das verhängte Ausreiseverbot für Wissenschaftler“.

Der Wissenschaftler hatte eigentlich nur mit 100 Unterstützern gerechnet

Hafner hatte die Petition eine Woche nach dem Putsch veröffentlicht und mit 60 oder 100 Unterstützern gerechnet, wie er den PNN sagte. Doch schnell schoss die Zahl der Unterzeichner in die Tausend. Gleichzeitig erhielt Hafner auch zahlreiche kritische Anmerkungen, die Position der Gülen-nahen Kreise verkenne die tatsächliche Lage in der Türkei. Auf der Mail-Liste habe es eine heftige Auseinandersetzung von Religions- und Islamwissenschaftlern gegeben. „Die Petition hat in der Fachwelt ziemlich eingeschlagen“, konstatiert Hafner, der sich von seiner Position dadurch aber nicht abbringen lässt. Wichtig ist ihm allerdings, dass das Engagement der Universität Potsdam mit der Türkisch-Deutschen Universität in Istanbul (TDU) durch sein Anliegen nicht beschädigt werde. „Der akademische Freiraum, der sich um die TDU entwickelt hat, sollte unbedingt weiter gefördert werden“, so Hafner. Das sei bei der aktuellen Lage in der Türkei um so wichtiger.

Johann Ev. Hafner ist katholischer Theologe, Religionswissenschaftler und Philosoph. An der Potsdamer Uni hat er sich neben seinen Studien zum Christentum auch durch seinen Einsatz für die Jüdische Theologie und eine – bei Kritikern umstrittene – Kooperation mit iranischen Hochschulen einen Namen gemacht. Zudem ist er auch für seinen an Niklas Luhmanns Systemtheorie orientierten Forschungsansatz bekannt.

Solidarität auch mit den Krtitikern des türkischen Staates

In der Petition hat er sich mit den Kollegen an türkischen Universitäten – „auch mit jenen, die Kritik am türkischen Staat üben“ – solidarisch erklärt. Gefordert werden auch internationale Kommissionen zur Prüfung der erhobenen Vorwürfe. Eine starke Demokratie brauche akademische Freiräume und vertrage Widerspruch, so die Erstunterzeichner. Und weiter: „Die staatliche Aufreizung von Volkszorn und Förderung von Verschwörungstheorien sind einer Demokratie nicht würdig.“ Mit der Petition wird zudem die Freilassung der pauschal inhaftierten akademischen Kollegen und die Rückgabe der Lehrlizenz an Schulen und Universitäten gefordert. „Die Türkei kann darauf stolz sein, dass mit Hilfe zivilen Widerstands ein Militärputsch abgewehrt wurde, aber die übertriebenen Reaktionen darauf haben das Vertrauen in die türkische Demokratie international erschüttert“, heißt es in dem Aufruf, der unter andererm auch von Wissenschaftlern aus Italien und Großbritannien unterzeichnet ist.

Man hoffe sehr, dass die gewachsenen akademischen Kontakte mit der Türkei nicht durch die wörtlich „blindwütige Politik der derzeitigen Regierung“ unterbrochen werden. „Wir hoffen auf einen zensurfreien Austausch von Ideen und Personen zwischen der Türkei und anderen europäischen Staaten“, so Hafner in dem Aufruf. 

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