
© Ottmar Winter
Potsdams Kirchen in der Energiekrise: Gottesdienste bei acht Grad
Potsdams Kirchengemeinden wollen sparen und suchen Alternativen zum Heizen der denkmalgeschützten Häuser. Die Landeskirche ruft zum #Wärmewinter auf.
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Potsdamer Kirchengemeinden bereiten sich in der Energiekrise auf den Winter vor: steigende Kosten, Energiesparmaßnahmen und die Frage nach „Wärmestuben“ sind dabei Thema.
Bei der Friedenskirchgemeinde in Sanssouci wird derzeit geprüft, ob auf das Heizen bestimmter Räume verzichtet werden kann, darunter auch in der mit Gas beheizten Friedenskirche selbst und im Friedenssaal in der Schopenhauerstraße. Das sagte Pfarrer Tobias Ziemann den PNN. Man stehe vor der Herausforderung „große, träge Räume beheizen zu müssen, in denen eine wichtige Arbeit stattfindet“, schildert er das Dilemma.
Friedenskirchgemeinde erhöht Gebühren für Vermietung, um Stromkosten zu decken
Eine Abschaltung der Heizung hätte Folgen für die Dauer von Veranstaltungen und Gottesdiensten, räumt der Pfarrer ein. Gottesdienste könnten in der kalten Jahreszeit in kleinere Räume verlegt werden. Für Konzerte müssten neue Alternativen gefunden werden, denn sie könnten in einer unbeheizten Kirche nicht mehr stattfinden.
Man stelle sich auch auf höhere Energiekosten ein, sagte Ziemann. Man werde daher die Gebühren für die Vermietung der Räume erhöhen müssen, genaueres stehe noch nicht fest.
Mehrere Gemeinden könnten Räume gemeinsam nutzen, schlägt Pfarrer Ziemann vor
Ziemann sieht einen Schlüssel für Lösungen in der Zusammenarbeit im Kirchenkreis, etwa durch die gemeinsame Nutzung von Räumen: „Welche kirchlichen Gebäude der Stadt lassen sich energieeffizient beheizen und wie können wir an diesen Orten gegebenenfalls mehrere Konzerte verschiedener Gemeinden stattfinden lassen?“ Denkbar sei auch eine Kooperation von Chören und Orchestern mit anderen Veranstaltungsorten in der Stadt: Man könne gemeinsam für die Wärme in einem Gebäude sorgen, „anstatt diverse Gebäude für wenige Veranstaltungen zu beheizen“, schlägt Ziemann vor.
Auch in der Nikolaikirche arbeitet man an Wegen, die Energierechnungen möglichst im Rahmen zu halten. Das denkmalgeschützte Gebäude am Alten Markt sei an die Fernwärme der Stadt angeschlossen, erklärte Pfarrer Matthias Mieke auf PNN-Anfrage. Viele innovative Möglichkeiten könnten daher nicht genutzt werden. Den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben man zum Anlass genommen, eine regenerative Stromerzeugung zu realisieren. Dazu sei man aktuell in der Abstimmung mit der Landeskirche.

© Andreas Klaer
90 Prozent Stromersparnis durch Wechsel auf LED - aber die Preissteigerung frisst das auf
Die Beleuchtung im Kircheninnern sei Anfang des Jahres auf LED umgestellt worden. Der Stromverbrauch gegenüber den alten Lampen habe so um rund 90 Prozent gesenkt werden können, berichtet der Pfarrer. Er rechnet jedoch damit, dass die Ersparnis weitgehend durch die höheren Stromkosten verzehrt wird. Die Energiekosten für die Gemeinde bewegten sich bisher bei einer mittleren fünfstelligen Summe pro Jahr.
In den Wintermonaten sorge einerseits eine Fußbodenheizung mit warmem Wasser für eine gewisse Grundlast, so dass die Nikolaikirche nicht ganz auskühle, erklärte Mieke. Bei Bedarf könnten Heizkörper auf den Emporen dazugeschaltet werden. Aktuell sei das Heizungssystem noch aus. Für Gottesdienste strebe man - wie in den Vorjahren auch - eine Temperatur von „deutlich unter 19 Grad“ an. Bei Konzerten müssten die Erfordernisse von Instrumenten und Musiker:innen berücksichtigt werden. Das Aufheizen müsse dann langsam und über mehrere Tage geschehen.

© Andreas Klaer
An der katholischen St. Peter und Paul-Kirche am Bassinplatz ist die Außenbeleuchtung abgeschaltet und die Heizung auf eine Temperatur von acht Grad abgesenkt worden, sagte Propst Arnd Franke den PNN. Einschränkungen beim Angebot an Gottesdiensten und Veranstaltungen soll es nicht geben. Das müsse auch aus Pandemiegründen vermieden werden, um keine zu große Enge entstehen zu lassen.
Man habe für Energiekosten im kommenden Jahr 30 Prozent mehr Geld im Haushalt veranschlagt - das sei aber ein „Blick in die Glaskugel“, wie Franke betont. Die tatsächlichen Kosten hingen davon ab, wie die neuen Verträge aussehen. Sollte die Gemeinde trotz Sparmaßnahmen in finanzielle Notlage geraten, rechnet man mit Hilfe vom Erzbistum.
Weitere von den PNN angefragte evangelische Gemeinden verwiesen die PNN auf die Superintendentur. Auf Anfrage dort erklärte Charlotte von Kielmansegg, Sprecherin der Landeskirche EKBO, dass die Verantwortung bei den Gemeinden liege. Die Landeskirche habe Handreichungen zum Energiesparen und eine Empfehlung zur Absenkung der Temperatur oder dem Stilllegen von Heizungsanlagen verschickt. Zu möglichen finanziellen Problemen der Gemeinden sei bislang nichts bekannt.
Die evangelische Landeskirche (EKBO) schließe sich der von der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) und Diakonie gestarteten Aktion #Wärmewinter an, sagte die Sprecherin. Dabei werden Gemeinden aufgerufen, einen Beitrag für Menschen in prekären Lebenssituationen zu leisten. Gemeinden wird unter anderem geraten, soziale Einrichtungen oder die Kommune zu kontaktieren und herauszufinden, ob es etwa einen Bedarf an beheizten Aufenthaltsmöglichkeiten gibt.
Friedenskirchenpfarrer Ziemann kann sich vorstellen, Gemeinderäume als „Wärmestube“ zu beheizen. Es müsse sich um Räumlichkeiten handeln, die energieeffizient zu heizen sind, betont er. Auch bei der katholischen St. Peter und Paul-Gemeinde will man über ein solches Angebot beraten, sagte Propst Franke.
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