Landeshauptstadt: Potsdams neue Farbenlehre
Die Stadt soll künftig wieder von einer bürgerlichen Kooperation regiert werden, ein rot-rot-grünes Modell ist vorerst gescheitert
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Potsdam wird in den kommenden Jahren voraussichtlich erneut von einem bürgerlich angehauchten Bündnis regiert. Einen Kooperationsvertrag dafür wollen SPD, CDU/ANW, die Grünen und die kleine Fraktion der Potsdamer Demokraten/ BVB-Freie Wähler in den kommenden Wochen aushandeln – ein rot-schwarz-grün-dunkelblaues Bündnis.
Es ist eine ähnliche Machtkonstellation wie in den vergangenen Jahren – mit dem Unterschied, dass statt den Demokraten die bei der Kommunalwahl abgestrafte FDP mitmischte. Dagegen ist ein links angehauchtes Bündnis aus Linken, SPD und Grünen vom Tisch, obwohl die drei Parteien noch kurz vor der Kommunalwahl eine Steuererhöhung für den Bau neuer Schulen durchsetzten. Damit gibt es auch kein rot-rotes Signal aus der Landeshauptstadt für die anstehende Landtagswahl.
Warum es so kam, dazu gibt es unterschiedliche Sichtweisen. SPD-Oberbürgermeister Jann Jakobs nannte am Donnerstag als Gründe die unterschiedlichen Standpunkte von SPD und Linken zur Gestaltung der Potsdamer Mitte – etwa zum Wiederaufbau der Garnisonkirche oder zum Abriss des Staudenhofs. Dazu habe die Linke keine verbindliche Kooperationsvereinbarung unterzeichnen wollen.
Tatsächlich hatte die Linke – sie war bei der Kommunalwahl erneut stärkste Fraktion vor der SPD geworden – stets für ein Modell wechselnder Mehrheiten geworben. Allerdings sagte Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg am Donnerstag, er hätte sich zumindest das Festlegen von inhaltlichen Schwerpunkten vorstellen können. Doch in einer rot-rot-grünen Konstellation wäre die SPD neben den Linken nur zweite Kraft gewesen, mutmaßte Scharfenberg. Insofern sei die Entscheidung bedauerlich: „Die Differenzen waren aus meiner Sicht nicht unüberbrückbar.“ So werde es zur Garnisonkirche wohl ohnehin einen Bürgerentscheid geben. Gleichwohl hatte es nach PNN-Informationen nicht einmal Gespräche zwischen Linken und Grünen über eine mögliche Zusammenarbeit gegeben.
Schon 2008 waren Gespräche zwischen SPD und Linken ergebnislos geblieben. Anders als damals klang die Tonlage am Donnerstag aber versöhnlich. Scharfenberg sagte, er habe die Hoffnung, dass die kommende Wahlperiode nicht wie die vergangene durch eine ständige Konfrontation zwischen der Kooperation und der Linke-Fraktion geprägt sei. Die SPD wiederum bedankte sich bei der Linken ausdrücklich für konstruktive Gespräche. „Die Verhandlungen haben auch gezeigt, dass es bei wichtigen Themen auch die Möglichkeit für breitere Mehrheiten gibt“, sagte SPD-Chef Mike Schubert. Nach PNN-Informationen sollen die Linken diesmal auch, anders als noch 2008, als stärkste Fraktion den Vorsitz der Stadtverordnetenversammlung übernehmen dürfen. Vor sechs Jahren noch hatte die Kooperation – gegen die Linke – den Grünen Peter Schüler in dieses Amt gewählt.
Schwierige Themen gibt es viele – besonders die Finanzierung der Infrastruktur für die rasant wachsende Stadt ist bislang ungewiss: So müssen neue Schulen, Straßen oder Tramstrecken finanziert werden. Bereits diese Woche hatte Kämmerer Burkhard Exner (SPD) angekündigt, dass dafür wohl weitere Steuer- und Abgabenerhöhungen nötig seien, auch weil die Zuschüsse von Bund und Land für neue Investitionen in den kommenden Jahren sinken. Vor der Wahl hatte sich insbesondere die CDU gegen Steuererhöhungen ausgesprochen – daran erinnerte gestern auch Scharfenberg. Schubert sagte, zu solchen und anderen Fragen müssten nun klare Absprachen getroffen werden. Jakobs sagte, gerade für einen „investitionsorientierten Haushalt“ – also Überschüsse in der Stadtkasse – sei ein stabiles Bündnis wichtig. Es dürften schwierige Verhandlungen werden.Henri Kramer
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