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Landeshauptstadt: Potsdams Rockertreff im Dauervisier
100 Polizisten durchsuchten Dienstagabend zum zweiten Mal Hells Angels
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Innenstadt - Bei den Sicherheitsbehörden wächst die Sorge vor einem neuen Rockerkrieg – und die Reaktion am Dienstagabend war eindeutig. 100 Polizeibeamte aus Berlin und Brandenburg rückten um 21 Uhr an, um das Vereinsheim der Hells Angels in der Potsdamer Charlottenstraße zu durchsuchen. Anlass für die inzwischen zweite große Polizeiaktion gegen kriminelle Rockerbanden in Brandenburg binnen einer Wochen waren ernsthafte Hinweise auf einen Racheakt der Bandidos, den Rivalen der Hells Angels.
Die Szene ist in den vergangenen Tagen stark in Bewegung geraten. Wie berichtet hatten sich zwei Berliner Klubs der Bandidos zu Beginn der vergangenen Woche aufgelöst und sich den Hells Angels in Potsdam angeschlossen, um so einem Verbotsverfahren zu entgehen. Zugleich hatte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) die „Hells Angels MC Berlin City“ unter Führung von Kadir P., die einflussreichste Gruppe der Hells Angels in der Bundeshauptstadt, verboten.
Jetzt beobachten die Ermittler des Brandenburger Landeskriminalamt (LKA) sehr genau, ob die Bandidos zum Gegenschlag ausholen. Denn im Regelfall werden Überläufer bestraft. Auch deshalb war die Polizei nach den Hinweisen auf einen Racheakt alarmiert. Die Anspannung bei den Ermittlern ist jedenfalls groß. Die gesamte Rockerszene in Brandenburg, um die es nach blutigen Auseinandersetzungen im Jahr 2009 ruhig geworden war, und die Treffpunkte der Rocker stehen deshalb unter besonderer Beobachtung. „Wir können Racheakte von Berliner Bandidos nicht ausschließen“, sagte ein Polizeisprecher. Wenn es brenzlig wird, wollen die Sicherheitsbehörden sofort einschreiten. Dazu passen auch die Äußerungen des Einsatzleiters. Er sagte, mit der Razzia von Dienstagabend werde die „Null-Toleranz-Linie“ gegen kriminelle Rocker umgesetzt. Einen neuen Rockerkrieg würden die Sicherheitsbehörden nicht zulassen.
In dem Vereinsheim „The other Place“ trafen die Beamten am Dienstagabend auf zehn Rocker. „Wir hatten Hinweise, dass ehemalige Mitglieder der Berliner Bandidos in dem Treffpunkt waren“, sagte ein Polizeisprecher. Tatsächlich waren dort auch Rocker aus der Berliner Szene. Bei ihnen wurden Messer gefunden. Kurz vor der Razzia waren zudem vier Berliner Rocker gemeinsam in einem Wagen vom Vereinsheim geflüchtet, um der Polizei zu entgehen. Noch in Potsdam konnten die Einsatzkräfte das Auto stoppen. Im Wagen fanden sie eine Machete, vier Einhandmesser und Pfefferspray. Es wird jetzt wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz ermittelt.
Bereits vor einer Woche hatte die Polizei aus Berlin und Brandenburg in dem Vereinsheim mit 200 Beamten eine Razzia durchgeführt. Damit sollte verhindert werden, dass Rocker aus Berlin in das Umland ausweichen und sich – wie geschehen – anderen Clubs anschließen.
Generell steht die Rockerszene derzeit deutschlandweit unter Druck. In Nordrhein-Westfalen durchsuchte die Polizei nach einer Massenschlägerei zwischen Hells Angels und Bandidos vor vier Monaten jetzt in der Nacht zu Mittwoch in mehreren Städten Treffpunkte und Wohnungen der Hells Angels. In Polen wurden ein Mitglied des verbotenen Hells Angels-Ablegers in Kiel (Schleswig-Holstein) gefasst. Er war per internationalem Haftbefehl gesucht worden. Der Fall steht im Zusammenhang mit der Suche nach einer einbetonierten Leiche. Alexander Fröhlich
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