Bornstedter Dorfkirche saniert: Prachtvolles aus „kontaminiertem Geld“
Nach ihrer Sanierung für 300 000 Euro wird die Bornstedter Dorfkirche am Sonntag wiedereröffnet. Die Arbeiten wurden aus Fördermitteln der Stiftung Preußisches Kulturerbe bezahlt - ein umstrittenes Vorgehen.
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Potsdam - Es riecht noch nach Farbe. Doch das soll nicht stören, wenn am Sonntag nach mehr als vier Monaten Sanierung die Bornstedter Dorfkirche ab 9.30 Uhr mit einem festlichen Gottesdienst wieder eröffnet wird. „Das letzte Mal war die Kirche im Jahr 1882 in so einem fürstlichen Zustand“, sagt Pfarrer Friedhelm Wizisla über das Bauwerk, gelegen mitten im Unesco-Welterbe.
Das alles hat rund 300 000 Euro gekostet – Geld, das die Gemeinde eigentlich nicht hat. Die Arbeiten seien aus Fördermitteln der Stiftung Preußisches Kulturerbe bezahlt worden, sagt Wizisla – das ist ein in der evangelischen Landeskirche umstrittenes Vorgehen. Grund ist die Ausrichtung der Stiftung, die sich früher für den Wiederaufbau der Garnisonkirche als Symbol des christlichen Preußens einsetzte, sich 2014 aber aus dem als Versöhnungszentrum angelegten Projekt zurückzog – samt mehr als sechs Millionen Euro, die dann in die Rettung anderer Gotteshäuser fließen sollten.
In der Folge sorgte Stiftungschef Max Klaar, ein rechtsnationaler Mäzen und Ex-Bundeswehroffizier, mit eindeutig geschichtsrevisionistischen Äußerungen für Empörung, zum Beispiel hatte er die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg infrage gestellt.
Landtag: Kein „kontaminiertes Geld“ von Klaars Stiftung dürfe in Aufstellung der historischen Attikafiguren fließen
Daher hatte die Landeskirche den Gemeinden in Brandenburg Mitte 2015 empfohlen, kein Geld bei der Stiftung zu beantragen. Das katholische Erzbistum Berlin hatte sogar jede weitere Zusammenarbeit ausgeschlossen. Und der Potsdamer Landtag beschloss, dass kein „kontaminiertes Geld“ von Klaars Stiftung in die Aufstellung der historischen Attikafiguren fließen dürfe – wegen der fehlenden Identifikation Klaars mit den Werten des Grundgesetzes.
Die Landeskirche steht zu ihrem damaligen Vorgehen. Allerdings verantworte jede Gemeinde ihre Entscheidungen selbst, erklärt Landeskirchensprecherin Heike Krohn auf Anfrage. Zudem hätten sich mit der Förderung – etwa auch für die Nikolaikirche oder das Bornimer Gotteshaus – keine Erwartungen seitens der Stiftung verbunden. Weiterhin hätten sich laut der Sprecherin inzwischen die Voraussetzungen verändert, wegen personeller und struktureller Veränderungen in der Stiftung. Tatsächlich hatte Klaar Ende 2015 den Ausstieg aus der Stiftung verkündet (PNN berichteten). Pfarrer Wizisla verteidigt jedenfalls die vom Gemeindekirchenrat abgesegnete Annahme des Geldes: „Ansonsten hätten wir 20 Jahre lang sanieren müssen, wären nur scheibchenweise vorangekommen.“
"Es sah alles sehr grau aus"
Denn die Arbeiten an der Mitte des 19. Jahrhunderts errichteten Kirche seien dringlich gewesen. So hätten alte Elektroleitungen in den Wänden mehrfach Kurzschlüsse verursacht, es bestand Brandgefahr. Im Zuge der Planungen für diese Arbeiten habe man sich auch entschlossen, die Wand- und Deckengestaltung zu erneuern. „Es sah alles sehr grau aus“, erklärt Wizisla. Die Idee erforderte vor allem umfangreiche Abstimmungen mit dem Denkmalschutzamt im Rathaus. Hilfe erhielt die Gemeinde von dem Bauhistoriker Andreas Kitschke, der im Zuge von Recherchen für sein gerade erschienenes Buch über Kirchen in der Potsdamer Kulturlandschaft auch eine Entwurfszeichnung fand, die die Kirche zu ihrem Umbau 1882 zeigte. Dadurch habe man die damalige Farbgestaltung in wesentlichen Teilen nachvollziehen können, sagt Wizisla.
Für die Malerarbeiten war der Handwerksbetrieb des Potsdamers Matthias Boehlke zuständig. Er kann genau beschreiben, wie nun der matte Ockerton an den Wänden mit dem Boden korrespondiert oder, dass sich das Blau in einzelnen Linien auch an der historischen Orgel der Kirche wiederfindet. „Die Farben entfalten ihre volle Wirkung“, sagt auch Pfarrer Wizisla.
Deckenstuck und Holzsitze wurden erneuert
Zwar hätten sich manche Mitglieder der 1300-köpfigen Gemeinde auch eine hellere Gestaltung gewünscht, wie sie bis 1856 in der Kirche auch vorhanden gewesen sei, doch ein heute dominanter Anbau an die Kirche war damals noch Zukunftsmusik. Daher hätte man sich im Sinne einer einheitlichen Farbgebung für den Stand von 1882 entschieden, so der Pfarrer. Im Zuge der Arbeiten seien unter anderem auch rissiger Deckenstuck und einzelne Holzsitze in der Kirche erneuert worden. Auch Bibelsprüche an der Decke, kunstvoll geschrieben auf rotem Untergrund, sind nachgezeichnet worden.
Mit ihrem neuen Innenraum präsentiert sich die Kirche nicht nur den Gemeindemitgliedern am Sonntag, sondern am 10. Juni auch einer breiten Öffentlichkeit. Dann sind das Gotteshaus und der angrenzende Friedhof der Mittelpunkt des alljährlichen Unesco-Welterbetags in Potsdam. Geplant sind Führungen und Vorträge, ein Kinderprogramm sowie zwei Konzerte mit dem A-Cappella-Gesangsquartett „Die Bogarts“. Wizisla wird in nächster Zeit häufiger über den prachtvollen Zustand schwärmen können.
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