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Landeshauptstadt: Preis für Montessori-Oberschule

Im zweiten Anlauf ist die Reformschule gestern ausgezeichnet worden, neues Unterrichtsprojekt geplant

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Berlin/Potsdam-West - Was Jette Joop verlesen hat, waren nicht ihre Worte. Die Designerin hielt die Laudatio für die Montessori-Oberschule Potsdam, wie sich die Schule „nach dem Ende der DDR in einer großen gemeinschaftlichen Anstrengung der Eltern und Lehrkräfte von ideologischem Zwang und pädagogischer Verwahlosung befreit“ hat. Die Jury des Deutschen Schulpreises hatte das Bild der Potsdamer Schule mit besonderer Prägung gezeichnet, selbst Schulleiterin Ulrike Kegler nannte den Satz über die pädagogische Verwahlosung „hart ausgedrückt“. 17 Jahre später hat Kegler gestern gemeinsam mit Eltern, Lehrern und Schülern einen Anerkennungspreis des Deutschen Schulpreises erhalten. Damit verbunden sind 10 000 Euro sowie das Prestige, als erste Potsdamer Schule einen der Preise gewonnen zu haben.

„Wir sind eine staatliche Schule. Das zeigt, was alles möglich ist“, sagte Schulleiterin Ulrike Kegler bei der Preisübergabe. Und dabei sei unter der Aufsicht des Landes nichts unmöglich. Die Montessori-Schule Potsdam hat es innerhalb der letzten Jahre zu einer Reform-Schule mit überregionaler Ausstrahlung gebracht: Schüler von der 1. bis zur 10. Klasse lernen in der Einrichtung, auf Frontalunterricht wird komplett verzichtet, bis einschließlich der achten Klasse wird altersübergreifend unterrichtet, Zensuren gibt es erst ab Klasse 9.

Bilean Lindermann sieht das als Vorteil. In diesem Jahr will der 17-Jährige seine 10. Klasse abschließen und dann Abitur ablegen. Warum er jetzt Zensuren bekommt, den Sinn hat er noch nicht erschlossen. Inzwischen müsse er rechnen und sich einen Kopf darum machen, welche Zensur er erreichen muss. Viel lieber würde er sich andere Gedanken machen, auf Zensuren könnte er verzichten. Auch Constantin Sträter aus der 9. Klasse der Schule sieht das Lernen ohne Druck als großen Vorteil. Er hat den Vergleich, wechselte er doch erst in der sechsten Klasse auf die Oberschule. Damals war sie noch ein Modellversuch des Landes, inzwischen ist die Reformpädagogik offiziell anerkannt. Und in einem sind beide Schüler einig: Gute Schulen verändern sich und vermitteln Wissen heute nicht mehr wie vor 20 Jahren.

Zehn solcher modernen Schulen waren für den Deutschen Schulpreis, den zweiten seiner Art, nominiert. Zwei davon aus Brandenburg. Während die Montessori- Oberschule nach einem gescheiterten Anlauf im Vorjahr diesmal einen Preis erhielt, blieb der Waldhofschule Templin, eine Schule der Hoffbauer gGmbH mit Sitz in Potsdam, ebenso wie im Vorjahr dem Humboldt-Gymnasium der Triumph verwehrt. Sie waren nominiert, gingen jedoch ohne Preis nach Hause.

In Potsdams Westen wurde dagegen gefeiert. In der Turnhalle der Montessori- Schule verfolgten Schüler und Lehrer die Preisverleihung live im Fernsehen. Sie sahen ihre Schule unter den Ausgezeichneten und die Fußball-Spielerin Nadine Angerer von Turbine Potsdam als eine der Laudatoren.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck würdigte den Preis als Zeichen für die „Leistungsfähigkeit der Schulform Oberschule“. Bildungsminister Holger Rupprecht erklärte zudem, es sei die „verdiente Anerkennung für das langjährige Bemühen der Schule um eine optimale Förderung der Begabungen aller Schüler“. Im Begleitbuch zum Deutschen Schulpreis wird auf das Aussehen der Einrichtung angespielt. „Wir hätten auch zuerst die Fassade renovieren können, aber die Wandlung muss von innen kommen“, wird Schulleiterin Kegler da in Anspielung auf das farblose Gebäude zitiert. Die Jury selbst schreibt zum ersten Eindruck: „In der Tat ähnelt die Montessori- Oberschule dem Verwaltungstrakt eines abgewickelten Industriekombinats. Grau in grau duckt sie sich zwischen aufgeplatzten Waschbetonplatten auf der einen und windschiefen Bäumen auf der anderen Seite.“ Doch schreckte dies und andere Dinge einst die Eltern ab, ihre Kinder an die Schule zu geben, hat das pädagogische Konzept und deren Umsetzung gesiegt. Inzwischen kann sich die Schule vor Anfragen kaum retten. Und die Entwicklung soll weiter gehen. Wie Kegler am Rande der Veranstaltung verriet, wird das nächste Vorhaben ein Landbauprojekt auf einem Grundstück am Schlänitzsee sein. Dort soll künftig praktischer Unterricht stattfinden.

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