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Direkte Nachbarschaft: Der Turm der Garnisonkirche und das Rechenzentrum.

© Ottmar Winter/PNN

Prominente Rückendeckung: Namhafte Potsdamer fordern Erhalt des Rechenzentrums

Mit einer neuen Petition fordern bekannte Potsdamer ein Nebeneinander des Garnisonkirchturms und des Künstlerhauses. Die Liste der Persönlichkeiten ist lang.

Das mindestens von einem Teilabriss bedrohte Künstlerhaus Rechenzentrum bekommt breite Unterstützung aus der Stadtgesellschaft. Die Kritiker des Wiederaufbaus der Garnisonkirche um den Architekturprofessor Phillip Oswalt haben eine neue Petition für die Koexistenz von Garnisonkirchturm und Rechenzentrum gestartet und bekannte Unterstützer dafür gefunden. Das Rechenzentrum dürfe nicht auf Abstand zum Turm gehalten „und an den Rand gedrängt werden“, heißt es in dem „Potsdamer Appell“.

Die Liste der Erstunterzeichner ist schon jetzt lang. Darunter befinden sich der Generaldirektor der Schlösserstiftung, Christoph Vogtherr, die Chefin des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Katja Melzer, und die Vorsitzende des Potsdamer Gestaltungsrats, Sophie Wolfrum.

Sophie Wolfrum, die Vorsitzende des Gestaltungsrats.
Sophie Wolfrum, die Vorsitzende des Gestaltungsrats.

© Sebastian Gabsch

Auffällig ist, dass zahlreiche Vertreter von Potsdamer Wissenschaftseinrichtungen unterzeichnet haben. Darunter finden sich der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, sowie Frank Bösch, Direktor des Potsdamer Leibniz-Zentrums für Zeithistorische Forschung (ZZF). Ihren Namen haben auch Susan Neiman, die Direktorin des Einstein Forums, sowie Miriam Rürup und Julius Schoeps von der Spitze des Moses Mendelssohn Zentrums unter den Aufruf gesetzt. Dieser wird auch von Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber unterstützt, dessen Projekt „Bauhaus der Erde“ im Rechenzentrum sitzt.

Unterstützung kommt auch aus der Kultur. Dabei sind unter anderem Hans-Otto-Theaterintendantin Bettina Jahnke, der Erfolgsregisseur Andreas Dresen und Filmmuseumschefin Christine Handke.

Frank Bösch vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF).
Frank Bösch vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF).

© Leibniz-Institut

Ferner tragen auch einige heutige und frühere Theologen der evangelischen Kirche den Aufruf mit: zum Beispiel Christian Staffa, Beauftragter der Kirche für den Kampf gegen Antisemitismus, und fünf frühere Pfarrer. Aus Berlin haben die beiden früheren Wissenschaftssenatoren Thomas Flierl (Linke) und Adrienne Goehler (parteilos) unterzeichnet, aber auch der bekannte Politikwissenschaftler Hajo Funke von der Freien Universität Berlin. Unterzeichnet werden kann der Aufruf auf der Internetseite des „Lernorts Garnisonkirche“.

Kritisiert wird indirekt der Beschluss des Kuratoriums der Garnisonkirche aus dem Februar. Dieser besagte, für den Neubau zwischen Rechenzentrum und dem neuen Turm der Garnisonkirche müsse die Kubatur des einstigen Kirchenschiffs „Ausgangspunkt der Überlegungen sein“. Zudem war damals ein „angemessener Abstand“ zwischen Turm und Rechenzentrum gefordert worden, was für den einstigen DDR-Bau einen Teilabriss bedeutete. Bisher sieht der Bebauungsplan vor Ort, den die Stadtverordneten ändern müssten, sogar den Komplettabriss vor.

Die Unterzeichner wollen das verhindern: Beide Orte könnten nebeneinander stehen, so ihre Haltung: „In diesem spannungsvollen Gegenüber von Bau und Gegenbau wird deutsche Geschichte anschaulich und im Stadtraum begreifbar.“

Insofern unterstützt man auch die von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) angestoßene Kompromisssuche für den Ort – die allerdings nach dem Beschluss des Kuratoriums vor dem Aus steht. Hier werfen die Initiatoren der Stiftung vor, „mit dem eigenen Geschichtsverständnis“ den Ort dominieren zu wollen und den angestoßenen Weg der Verständigung infrage zu stellen.

Die Stiftung reagierte am Freitag kühl. „Die Koexistenz von Rechenzentrum und Garnisonkirche hängt nicht von der Stiftung Garnisonkirche ab“, erklärte Stiftungsvorstand Wieland Eschenburg. Für einen Teilerhalt des Gebäudes auf städtischem Grund seien Entscheidungen der Stadt als Eigentümerin Voraussetzung.

Dass die Stiftung durchaus auch einem Kompletterhalt zustimmen könnte, wenn dies mit Baurecht vereinbar wäre, dazu schrieb Eschenburg nichts. Vielmehr erklärte er: „Würde es so einfach sein, wie Dauerkritiker Oswalt vorgibt, dann müssten wir den Aufruf auch unterschreiben. Die Wirklichkeit ist komplizierter.“ Man lade alle Unterzeichner zu Gesprächen ein, um einen einseitigen Informationsfluss zu vermeiden und offene Fragen zu klären.

Nach dem Beschluss des Kuratoriums hatten sich die Vertreter des Rechenzentrums empört aus der weiteren Kompromisssuche zurückgezogen. Allerdings hatte Schubert erst am Mittwoch im Hauptausschuss angekündigt, Anfang Mai mit beiden Seiten erneut beraten zu wollen, wie man noch zu einer Lösung kommen könnte. So hatte sich das Kuratorium zumindest hinter Schuberts Ansatz für ein sogenanntes Forum an der Plantage gestellt – inklusive eines nicht näher definierten Gebäudes mit Plenarsaal statt eines originalgetreuen Kirchenschiffs. 

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