Potsdamer lief absichtlich vor einen NPD-Bus: Protestaktion statt Unfall
Erst eine falsche Verdächtigung, dann das Geständnis: Weil er einen NPD-Funktionär fälschlich der Körperverletzung beschuldigt hatte, erhielt ein 25-jähriger Potsdamer am Dienstag vom Amtsgericht Potsdam die Auflage zu 100 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
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Er hatte sich am 11. September 2014 während Protesten gegen die rechtsextreme Partei in der Potsdamer Innenstadt absichtlich auf die Motorhaube eines vorbeifahrenden VW-Transporters geworfen, um damit einen NPD-Konvoi zu stoppen. Dabei hatte sich der Potsdamer, der nach PNN-Informationen zur linken Szene der Stadt gehört, die rechte Schulter sowie den Schädel geprellt. Kurz darauf hatte er der Polizei gegenüber angegeben, dass er lediglich die Straße habe überqueren wollen, woraufhin der Fahrer des Transporters beschleunigt und ihn angefahren habe.
An dem fraglichen Tag hatte die NPD kurzfristig eine Wahlkampfveranstaltung auf dem Bassinplatz durchgeführt, die jedoch von rund 150 Gegendemonstranten verhindert worden war. Bereits nach 40 Minuten reisten die insgesamt zehn NPD-Aktivisten wieder ab, die Polizei war mit einem Großaufgebot von 210 Beamten im Einsatz. Bei der Abreise kam es vereinzelt zu Rangeleien zwischen Polizisten und Gegendemonstranten, unter anderem wurden Gegenstände auf Fahrzeuge der NPD geworfen. Gegen 18.45 Uhr ereignete sich der verhandelte Vorfall, als der NPD-Konvoi durch die Gutenbergstraße fuhr.
Der Angeklagte habe laut eigener Aussage nicht die Polizei gerufen. Eine Polizeibeamtin sagte aus, dass sie wegen Körperverletzung und Fahrerflucht gerufen worden sei. Vor Ort gab der verletzte Demonstrant an, der Landesvorsitzende der Berliner NPD, Sebastian Schmidtke, habe den fraglichen Wagen gefahren und beschleunigt, als er die Straße überqueren wollte. Es fanden sich jedoch keine Zeugen, die den Vorgang bestätigen konnten. Andere Polizeibeamte vor Ort hingegen erstatteten Anzeige wegen Nötigung gegen den Angeklagten.
Die Verhandlung am Dienstag war schon nach etwa zwanzig Minuten beendet, da der Anwalt des Angeklagten gleich zu Beginn eine Stellungnahme seines Mandanten verlas: Er habe im Sinn gehabt, dass der Konvoi anhalten müsse, wenn er die Straße überquere – es sei allerdings nicht sein Ziel gewesen, sich selbst zu verletzen. Sein Mandant sei nach dem Vorfall und den zugezogenen Verletzungen aufgewühlt gewesen und habe gegenüber der Polizei behauptet, angefahren worden zu sein. Ihm sei bewusst, dass seine Aussage nicht richtig gewesen sei, so der Anwalt.
Da der angeklagte Hartz-IV-Empfänger sich laut Richterin von Anfang an geständig und reuig gezeigt habe, erteilte ihm das Gericht die Auflage, 100 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten. Angeklagter, Verteidiger und Staatsanwaltschaft zeigten sich damit einverstanden. Die Auflage gilt juristisch nicht als Strafe und wird nicht im Bundeszentralregister vermerkt. Die Sozialstunden müssen innerhalb von drei Monaten abgeleistet werden, anschließend wird das Verfahren offiziell eingestellt. (Mit Henri Kramer/dpa)
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