
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Prüfer rügen Mangerstraßen-Sanierung
Der Landesrechnungshof Brandenburg hat grundlegende Zweifel am Sinn: Er hält die Arbeiten für nicht förderfähig. Für die Stadt kann das teuer werden: Es droht die Rückzahlung der Fördermittel. Stadt und Land verteidigen Bauarbeiten dagegen
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Berliner Vorstadt - Wegen der ohnehin umstrittenen Sanierung der Mangerstraße muss die Stadt Potsdam womöglich bereits verbaute Gelder aus dem Konjunkturpaket (KP) des Bundes zurückzahlen. Davor warnt der brandenburgische Landesrechnungshof (LRH) in einem aktuellen Zwischenbericht für den Finanzausschuss des Landtags über die Verwendung von KP-Mitteln in der Mark. „Insbesondere bezweifelt der LRH den Bedarf der Maßnahme und sieht daher ein hohes Rückzahlungsrisiko gegenüber dem Bund“, heißt es in dem Bericht. Die Mangerstraße wird derzeit für 2,3 Millionen Euro saniert, 800 000 Euro kommen aus dem Konjunkturpaket und sind als Lärmschutzmaßnahme verbucht. Verantwortlich ist die Bauverwaltung unter ihrem Dezernenten Matthias Klipp (Grüne).
Die Mangerstraße wird in dem Papier als eine von drei Straßen genannt, die den Prüfmaßstab der Kontrolleure komplett nicht erfüllt haben. Insgesamt nahm der LRH laut dem Bericht 29 Straßenbauprojekte für mehr Lärmschutz im Land Brandenburg unter die Lupe. Ihr Urteil zur Mangerstraße begründen die Prüfer damit, dass es für diese Lärmschutzmaßnahme keinen Bedarf gäbe – so fehle ein Nachweis, der für Anwohner in der Tempo 30-Straße einen gesundheitsschädigenden Lärmpegel ausweise. Nicht einmal im Lärmaktionsplan der Stadt sei die Straße enthalten, so der LRH.
Zugleich sezieren die Prüfer die schlagzeilenträchtige Genese des Projekts, das vor allem Klipp stets vorangetrieben hat. Zunächst hatte die Bauverwaltung – dies war Ende 2009 – geplant, zur Lärmminderung auf die Pflasterstraße eine Asphaltdecke aufzutragen. Dagegen hatten Anwohner, die an der Baumaßnahme finanziell beteiligt werden, heftig protestiert. Im vergangenen Herbst lehnten schließlich auch die Stadtverordneten den Asphalt ab. Für Neuplanungen, die KP-Mittel an anderer Stelle der Stadt einzusetzen, war es da allerdings schon zu spät. So wurde in der Folge beschlossen, zwischen Otto-Nagel-Straße und Mühlenweg nach der Sanierung wieder Kleinpflaster aus Naturstein zu verwenden. Die LRH-Kontrolleure gehen daher davon aus, dass „sich durch die Beibehaltung der Pflasterbauweise die Lärmsituation für die Anwohner nicht wesentlich verbessert.“ Auch die ablehnende Haltung der Anwohner spreche nicht für den Bedarf der Maßnahme.
Die Bauarbeiten in der Mangerstraße haben erst Anfang April begonnen. Auch dies sorgt den LRH, weil die KP-Mittel bis Ende des Jahres schon abgerechnet werden müssen. Denn der Umfang der noch ausstehenden Arbeiten „lasse befürchten, dass die Maßnahme bei Störungen im Bauablauf nicht rechtzeitig beendet wird“. Dann könnten die Fördergelder nicht mehr in beantragter Höhe abgerufen werden, so der LRH.
Stadtplanungschef Andreas Goetzmann, der derzeit Klipp – gestern im Urlaub – vertritt, räumte gegenüber den PNN ein, dass beim Projekt Mangerstraße bereits Verzögerungen in Folge von nicht vorher bekannten „Torflinsen“ im Erdboden bestünden. Die Bauzeit solle durch Mehrschichtbetrieb und mehr Arbeitskräfte „gestrafft werden“, um die Maßnahmen bis 31. Dezember abzurechnen.
Ansonsten aber stoßen die Feststellungen der Landesprüfer auf Unverständnis. „Die Rahmenbedingungen für das Konjunkturpaket sind eingehalten worden“, erklärte Goetzmann. Ein Bedarf für die Straßensanierung sei vorhanden, „vielleicht fehlte dem LRH eine unmittelbare Wahrnehmung der Situation vor Beginn der Maßnahme“. Denn von dem damals „stark zerstörten“ Pflaster mit seinen „Verwerfungen“ in der Mangerstraße, so Goetzmann, sei ein „enormes Lärmpotenzial ausgegangen“. Die Lärmreduzierung sei „rechnerisch“ überprüft – und somit könne auch das Förderziel nachgewiesen werden. Die Kritik des LRH sei „nicht nachvollziehbar.“
Auch ein Sprecher des für die Vergabe von KP-Mitteln mit zuständigen Landesfinanzministeriums, an das sich die Bauverwaltung inzwischen gewandt hat, sagte gestern, die Sicht des LRH werde „nicht geteilt“: Die Kontrolleure hätten „restriktiver geprüft“, als der Gesetzgeber dies bei KP-Maßnahmen vorsehe. Zuletzt müsse aber das zuständige Bundesfinanzministerium obligatorisch über den Bedarf einer Fördermaßnahme entscheiden – nach dem Ende aller Arbeiten.
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