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Landeshauptstadt: Radler-Protest gegen die „Störer“

Verein und der Europaabgeordnete Michael Cramer (Grüne) protestieren für ein freies Ufer am Groß Glienicker See

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Groß Glienicke - Noch immer hängen die Schilder an Zäunen und Bäumen und fordern ein „Freies Ufer“. Aber zuletzt waren es nur vier Leute, die gegen die Sperren des Uferwegs privater Grundstücksbesitzer am Groß Glienicker See protestiert haben. „Zu Hunderten gehen die Leute nicht mehr auf die Barrikaden“, sagte Andreas Menzel, Stadtverordneter der Grünen und Vize-Chef des Vereins Freies Groß Glienicker Seeufer. So viele waren es einmal, seit 2009 mehrere Anrainer auf Potsdamer Seite des Sees, der im Osten zu Berlin-Kladow gehört, den früheren Kolonnenweg der DDR-Grenzer mit Gestrüpp, Geäst und Flatterband dicht machten.

„Störer“ nennt Menzel sie, weil sie die Erholung, den Spaziergang am Ufer entlang im Naturschutzgebiet stören. Aber nicht nur das. Menzel hofft auf wenigstens 50 Leute, die am Samstagnachmittag zur Radler-Demonstration unter dem Motto „Zwei Jahre Sperrungen sind zu viel“ kommen. Dabei setzt er auf politische Prominenz: Michael Cramer. Der Europa-Abgeordnete der Grünen ist der Initiator des Mauerradwegs, der 160 Kilometer entlang der früheren Grenze um das alte West-Berlin verläuft und markiert mit 900 Schildern, wo eigentlich mal die Mauer stand. An der Strecke erinnern Stelen an die Mauertoten . Cramer feiert in diesem Jahr den zehnten seiner Mauerstreifzüge. Es ist ein besonderer Anlass, zumal sich am 13. August 2011 zum 50. Mal der Bau der Berliner Mauer jährt. Zugleich zeigt sich, dass es mit dem Gedenken nicht an jeder Stelle klappt. Eben auch wegen der „Störer“ von Groß Glienicke, was klingt, also blockierten die privaten Grundstückbesitzer das Mauer-Gedenken.

Cramer sagt, nach dem Beschluss von Senat und Abgeordnetenhaus von 2001, den Mauerweg auszuschildern und ihn fahrradfreundlich zu gestalten, sei dieser nahezu vollständig fertiggestellt. „Problematisch ist jedoch die andauernde Sperrung des Uferwegs am Groß Glienicker See ebenso wie am Griebnitzsee.“ Daher werde sich der Mauerstreifzug der Demonstration für das freie Ufer anschließen. „Hätte die Landesregierung von Brandenburg seinerzeit die Ufergrundstücke erworben, gäbe es die Konflikte mit den neuen Eigentümern nicht“, sagt Cramer.

Ganz so einfach ist die Sache nicht, ebensowenig wie es schnelle Lösungen für den Konflikt gebe. Seit 2009 wird in Groß Glienicke erbittert gestritten, sogar von Krieg war nach heftigen Protesten zu Ostern 2010 die Rede, als Demonstranten gegen private Wachmänner handgreiflich wurden, die für die Grundstücksbesitzer die Sperren und deren Privateigentum beschützen sollten. Mehrere Prozesse endeten mit einem Freispruch. Die Sperren aber stehen immer noch. Und die Stadt liefert sich mit den Anrainern juristische Scharmützel, lässt Zäune und Geäst entfernen – sogar das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg urteilte über Flatterbänder, die zu entfernen seien. Der Uferweg aber ist immer noch gesperrt.

Dabei hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) vor zwei Jahren versprochen, alles zu tun, damit der Weg wieder frei wird. „Das alles ist sehr zäh, ich habe nicht den Eindruck, dass der Weg bei ihm noch Chefsache ist“, sagt der Stadtverordnete Menzel. Jakobs versuchte es nach all den erbitterten Auseinandersetzungen zwischen „Störern“ und Uferbefreiern sogar auf die sanfte Tour: Ein Moratorium aber scheiterte Ende 2010. Dann unterbreitete die Stadt 40 Anrainern im Mai Kaufangebote, die Reaktionen waren zurückhaltend. „Jetzt müssen wir das auswerten“, sagt Rathaussprecher Stefan Schulz. „Das ist ein langer Prozess. Bevor wir ein Enteignungsverfahren einleiten, muss notfalls vor Gericht nachgewiesen werden, dass wir alles unternommen haben, um das Problem einvernehmlich zu klären.“ Frühestens im Herbst 2011 will das Rathaus die Ergebnisse der Kaufverhandlungen vorlegen. Der Protest aber, „der ist abgeebbt“, sagt Menzel. Die Leute fragen zwar, wie weit die Ufer-Initiative ist in ihrem Kampf. „Aber sie gewöhnen sich daran. Die Wut ist nicht mehr so groß wie am Anfang.“

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