
© Ricarda Holztrattner
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HFF-Studierende haben für ein Filmprojekt in Südamerika gedreht
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Letztes Jahr reisten sechs studentische Teams der Hochschule für Film- und Fernsehen „Konrad Wolf“ nach Südamerika. Unter der künstlerischen Leitung von Professor Andreas Kleinert und mit Unterstützung von arte wollten wir aus Anlass des 200. Jubiläums der Unabhängigkeit Lateinamerikas und des 100. Jahrestages der Revolution in Mexiko Filme drehen. Die Autorinnen waren als Producer mit dabei.
Mit Ideen für sechs Kurzfilme im Gepäck flogen wir los. Dass sich vor Ort nicht alles wie gewünscht umsetzen lässt, war klar. So einiges musste anders erzählt, relativiert oder improvisiert werden. Dabei war die Unterstützung der einheimischen Studierenden sehr nützlich.
In Buenos Aires unterstützte uns die Universidad del Cine mit Technik, Drehgenehmigungen und Proberäumen. Hier entstanden „Dígame - Sag mir“ und „Solamente Mio“. Beide Spielfilme thematisieren Unabhängigkeit im familiären und sehr privaten Bereich. Für die Drehs brauchten wir viele Motive. Die Stadt nahm uns bald gefangen. Es gab so viele wunderschöne Drehorte, dass wir uns beschränken mussten. Anders als zu Hause, wo es so etwas wie einen Studentenfilmbonus gibt, mussten wir hier für die Motive sogar mehr als die Einheimischen zahlen, wenn bekannt wurde, dass wir aus Deutschland kamen. Die Verhandlungen überließen wir schnell unseren argentinischen Partnern.
„Chica XX Mujer“ entstand in Venezuela und begleitet ein Mädchen - dokumentar und experimentell - bei Vorbereitungen zu ihrem 15. Geburtstag, der traditionell mit einem großen Fest als Abschied von der Kindheit gefeiert wird. Die Dreharbeiten waren wegen der angespannten politischen Situation nicht einfach, Kriminalität und Korruption allgegenwärtig. Offizielle Drehgenehmigungen gab es nur auf dem Papier, auf der Straße nutzten sie wenig. Weil hochwertige Filmtechnik in Venezuela schwer zu bekommen ist, hatten wir unser Equipment aus Babelsberg mitgebracht.
In Mexiko kooperierten wir mit der hauptstädtischen Filmhochschule, dem Centro de Capacitación Cinematográfica (CCC) und der Universidad de Guadalajara (UDG). In Mexiko City drehten wir den Dokumentarfilm „Radio Taxi“, der vom Taxi-Rücksitz einen Blick auf die Millionenmetropole wirft. Wenn man Augen und Ohren offen hält, erfährt man aus dieser Perspektive viel über Land und Leute.
Auch „Der Kreis in dem sie reist“ spielt in Mexiko. Der szenische Kurzfilm erzählt von Luisas Suche nach dem Großvater, die sie in den Norden des Landes führt. Unsere Busfahrt dorthin dauerte 10 Stunden, aber sie war es wert. Gerne erinnern wir uns an die freundlichen und hilfsbereiten Einwohner - aber auch sie haben von den Hollywood-Drehs der letzten Jahre gelernt, wie man Geschäfte macht.
Ein anderes Team drehte 6300 km weiter südlich in Chile den Dokumentarfilm „En Casa – Zu Hause“. Dafür wurde vor Ort eine indigene Hausangestellte gesucht, die in einer deutschen Familie arbeiten und bereit sein sollte, von sich zu erzählen. In Valdivia fanden wir mithilfe unserer beiden chilenischen Filmstudenten schließlich unsere Protagonistin Gina, die dem Volk der Mapuche angehört. Am Set waren wir ein sehr kleines Team und es entstand eine sehr intensive und entspannte Atmosphäre.
Als unsere Filme das erste Mal im HFF-Kino liefen, waren wir sehr zufrieden und stolz. „Dígame – Sag mir“ und „Chica XX Mujer“ wurden auf der Berlinale uraufgeführt, das Gesamtprojekt für den Produzentenpreis der Sehsüchte nominiert und im Juli 2011 liefen alle Filme auf arte. HFF meets Independency & Revolution war für uns eine sehr wichtige und bereichernde Erfahrung. Jenseits der Touristenperspektive haben wir nicht nur beruflich sehr viel gelernt. Unser Fazit geben wir gerne weiter: Schaut über den Tellerrand und nutzt dafür jede sich bietende Möglichkeit! Geht ins Ausland und sammelt Erfahrungen global. Franziska Köslin / Laura Machutta
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