Links und rechts der Langen Brücke: Recht statt Rache
Thorsten Metzner über eine Stadtverwaltung und ihre Spitze, die aus der Kritik von Günther Jauch und aus Gerichtspleiten partout nicht lernen wollen
Stand:
Nicht nur im Fußball kann man sich selbst ein Bein stellen: Zu einer gewissen Meisterschaft darin hat es bekanntlich die Stadtverwaltung zu Potsdam gebracht, geführt vom Sozialdemokraten Jann Jakobs. Als ob nicht ein Bebauungsplan nach dem anderen von Gerichten gekippt würde, mal am Glienicker Horn, mal am Griebnitzsee, hat das Rathaus jüngst Bootshäuser, die es selbst genehmigt hatte, zu Schwarzbauten erklärt. Dies betrifft just Anrainer, die den dortigen Uferweg sperren. Ja, denen geht Eigennutz vor Gemeinwohl, in einem kaum erträglichen Maße. Trotzdem darf Rache nicht Recht ersetzen, nicht der politische Zweck die Mittel heiligen. Diese Selbstverständlichkeit hat Potsdam jetzt Schwarz auf Weiß vom Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis, dessen Expertise man ja bestens kennt: Battis, der im Auftrag von Jakobs nach der deutschlandweit beachteten Kritik von Günther Jauch die hiesigen Zustände untersucht hatte, kommt wieder zum gleichen Fazit: Verwaltungshandeln ist von Willkür geprägt. Die Stadt, die Bauverwaltung, hat offenkundig weder aus der Jauch-Kritik noch aus Gerichtspleiten gelernt.
Wie es dazu kommen kann? Nun hat sich gerade die Bauverwaltung dieser Stadt im Grunde seit 1990 den Ruf erarbeitet, kaum zu bändigen zu sein, ein Eigenleben zu führen, egal, wer da gerade Dezernent oder Oberbürgermeister ist. Allerdings sieht es diesmal eher danach aus, dass sogar der politische Wille der Rathausspitze exekutiert wird, was das Ganze nicht besser macht. So oder so, beides ist ein Führungsproblem. Am Griebnitzsee, wo die Emotionen hochschlagen, wo es auch um den inneren Zusammenhalt von Potsdam geht, ist solches Agieren besonders fatal. Gibt es in der Stadtspitze kein Frühwarnsystem? Politisch ist es schlichtweg dumm, weil es Sperrern eine Legitimation liefert. Es berührt zudem das Ansehen der Verwaltung, wenn der Eindruck entsteht, sich in Potsdam nicht einmal auf eine gültige Baugenehmigung verlassen zu können. Und man muss nicht Battis heißen, um zu ahnen, dass man sich juristisch auf dünnstem Eis bewegt, wenn man eigene Baugenehmigungen kassiert. Wer so handelt, der riskiert, dass auch der nächste Bebauungsplan wieder an Gerichten scheitert, der gefährdet selbst das ureigene Anliegen eines öffentlichen Uferweges. Merkwürdig, Jann Jakobs, der als Oberbürgermeister wiedergewählt werden will, stellt sich immer wieder selbst Stolperfallen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: