Landeshauptstadt: Reden oder den Hof fegen
Schulmediatoren und Konfliktlotsen sollen für Brandenburgs Schulen zum Standard werden
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Wenn es in der Klasse ständig Probleme mit dem Mathelehrer gibt, weil der seinen Stoff nicht gut erklärt, ist das vielleicht ein Fall für den Schulmediator. „Das heißeste Eisen ist die Schüler-Lehrer-Mediation“, sagt Kerstin Lück, „aber wenn es gelingt, über dieses Konflikt-Management eine sogenannte Win-Win-Lösung zu finden, sind alle Beteiligten oft überrascht über die guten Ergebnisse.“
Die 49-jährige Religionswissenschaftlerin und Germanistin, die selbst ausgebildete Schulmediatorin ist, organisiert in diesem Jahr den zweiten Berlin-Brandenburgischen Schuldmediationstag, der am 7. September in der Potsdamer Fachhochschule stattfindet. Seit fünf Jahren werden hier Mediatoren für den Einsatz an Schulen ausgebildet. Viele von ihnen wollen den Tag für ein Treffen nutzen, sich austauschen und weiterbilden. Und hoffen, dass auch viele neue Interessenten, Lehrer, Sozialarbeiter und Erzieher, für eine Weiterbildung zum Mediatoren gewonnen werden können.
Vor etwa 20 Jahren gelangte diese Streitschlichtungsmethode aus den USA auch nach Deutschland. Das Prinzip: Anerkannte „Peers“, also Schüler oder Lehrer, die unter ihresgleichen einen guten Stand haben, werden ausgebildet, das fünfstufige Lösungssystem anzuwenden und bei Bedarf einzuschreiten. Die Qualifizierung zum Schulmediator umfasst etwa 120 Stunden, angeboten wird sie von verschiedenen Trägern und Einrichtungen, in Brandenburg unter anderem vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg. Dort unterrichtet auch Kerstin Lück.
Die so ausgebildeten Lehrer – wie viele Mediatoren es mittlerweile in Brandenburg gibt, weiß Lück nicht – übernehmen in der Schule die Ausbildung der „Konfliktlotsen“ genannten Schüler. Im Idealfall arbeiten dann alle Hand in Hand: Nur so könne die Arbeit der Mediatoren auch erfolgreich sein, zeigt die Erfahrung. „Die Mediatoren müssen bekannt und anerkannt sein, von Schülern, Lehrern und Eltern, und mit allen Gremien wie den Klassenräten zusammenarbeiten. Nur so funktioniert es“, sagt Lück.
Leider gebe es aber in jedem Kollegium Lehrer, „die Mediation doof finden“, sagt Lück. Dabei belegen Studien aus der Wirtschaft, dass ungelöste Konflikte zu einem erhöhten Krankenstand und somit erhöhten Kosten führen. Auch Kinder und Lehrer bekommen psychosomatische Kopf- oder Bauchschmerzen. Außerdem, so Lück, gilt seit 28. Juni eine neue EU-Richtlinie, die vorschreibt, dass bei Konflikten in jedem Fall eine außergerichtliche Einigung anzustreben sei. Angesichts der Tatsache, dass auch manche Eltern in Konfliktfällen drohen, sie würden notfalls vor Gericht gehen, mahnt Lück, das Mediationsverfahren verstärkt zu nutzen.
Im Idealfall ist jeder zehnte Lehrer einer Schule als Streitschlichter ausgebildet. Ab Klassenstufe zwei oder drei kann es in jeder Klasse Konfliktlotsen geben, die Ausbildung innerhalb einer Projektwoche organisiert werden. An manchen Schulen sind diese Kinder im Hofgetümmel an speziellen Mützen oder Westen zu erkennen. Gibt es ein Problem, ziehen sie sich mit den Beteiligten zum Gespräch in einen gesonderten Raum zurück. Unter Zwang sollte eine Mediation allerdings nie stattfinden, sagt die Ausbilderin. Eine Alternative zum Verhandeln sollte den Parteien stets angeboten werden. „Dann müssen sie eben den Hof fegen.“ Steffi Pyanoe
Berlin-Brandenburgischer Schulmediationstag am 7. 9. in der Fachhochschule Potsdam mit Workshops zu Gewaltprävention, Cybermobbing, Lehrercoaching, Demokratiepädagogik, Evolutionsinstrumente zur Konfliktfähigkeit. Mehr Information im Internet unter www.konflikthaus.de. Anmeldeschluss ist am 15. August.
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