Von Juliane Wedemeyer: Reinbeißen und draufspringen
Die Mitmach-Welt Exploratorium gilt nach zwei Jahren als Kompetenzzentrum
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Babelsberg - Bildungsminister Holger Rupprecht hat seinen Chauffeur verloren. Eigentlich will er nur wieder zurück ins Ministerium fahren – das Exploratorium hat gerade eröffnet, er als Schirmherr seine Reden gehalten. Doch von seinem Fahrer keine Spur. „Irgendwann habe ich ihn dann in der Ausstellungshalle entdeckt. Zwischen ganz vielen Kindern hat er völlig selbstvergessen die Exponate ausprobiert.“ Das ist jetzt zwei Jahre her.
150 000 Menschen haben die naturwissenschaftliche Mitmach-Ausstellung in Babelsberg seitdem besucht, 75 000 pro Jahr. Vor allem Kinder im Vor- und Grundschulalter – an sie richtete sich das Angebot des Exploratoriums bislang. Ein Drittel der Besucher kam aus Potsdam, eines aus Berlin und der Rest aus dem übrigen Brandenburg, sagte Kurator Axel Werner gestern auf einer Pressekonferenz.
Der Verein arbeite erfolgreich, gelte mittlerweile bundesweit als Kompetenzzentrum in Sachen Naturwissenschafts- Vermittlung, sagte Werner. So publiziere er Lehrer-Broschüren für Grundschulen im ganzen Land. Und auf der Frankfurter Buchmesse werde er ein Buch über Experimente für Kinder vorstellen. Die Haupteinnahmequelle sei der Ticket-Verkauf, sagte Werner. Hinzu kämen die Erlöse aus dem Ausstellungs-Shop und Spenden, etwa von Fernsehmoderator Günther Jauch. Das genüge, um die monatlichen Kosten zu tragen. Für die Miete der 1600 Quadratmeter großen Halle samt Nebenkosten zahlt der Verein 15 000 Euro. Hinzu kommen die Gehälter der 40 Mitarbeiter und jedes Jahr rund 50 000 Euro für deren Reparaturen. „Wir sagen den Kindern ja, ihr könnt alles mit den Exponaten machen, auch reinbeißen und draufspringen und das machen sie dann natürlich auch“, sagte Werner. Das bedeute aber, dass jede Woche zwei Mitarbeiter die Objekte ausbessern müssen. „Das Geld würden wir lieber in Inhalte stecken“, sagte Werner. So koste es im Durchschnitt 3000 Euro, ein neues Exponat zu bauen. Er wünschte sich darum, dass die Stadt Potsdam wenigstens die Mietkosten übernehmen würde. Bei ähnlichen Einrichtungen in anderen Städten wie in Bremen zum Beispiel sei das der Fall. In Potsdam gebe staatliches Geld nur für vereinzelte Projekte: Mit 10 000 Euro aus Lottomitteln unterstützte das Land in diesem Jahr das Exploratorium. Die Stadt fördert spezielle Experimentier-und Fortbildungskurse für Kita-Kinder und deren Erzieher. 400 Erzieherinnen haben im Exploratorium bereits mehr über Naturwissenschaften gelernt, und vor allem wie man sie Kindern erklärt. 30 000 Euro zahlt die Stadt 2008 und 2009 dafür.
Eigentlich wollte sie sich auch am Kauf eines Kleinbusses für das „mobile Exploratorium“ beteiligen. Doch noch hat der Verein kein Geld dafür gesehen. Er ist trotzdem mit einem Experimentier-Bus unterwegs – allerdings mit einem provisorischen: Der benachbarte Autovermieter „Enterprise“ leihe dem Verein dafür eines seiner Fahrzeuge , das dann mit Exponaten „vollgestopft“ werde, sagte Werner.
Auch neue Inhalte gibt es: 2009 will das Exploratorium eine neue Themenwelt eröffnen: „Licht und Farben“ . Außerdem beginnt nächste Woche das Schulprogramm. Angepasst an die Lehrpläne bietet das Exploratorium Potsdamer Klassen Experimente zu bestimmten Themen an, dazu Lehrmaterialien für den Unterricht. Und nächstes Jahr soll es auch Extra-Versuchsreihen und Kurse für Erwachsene geben: Denn nicht nur Rupprecht hat gemerkt, dass das Exploratorium auch Erwachsene fasziniert. Die Eltern ständen meisten mit großen Augen und Ohren daneben, wenn die Kinder experimentierten und seine Mitarbeiter ihnen die naturwissenschaftlichen Phänomene erklärten, sagte Werner.
Der Chauffeur von Rupprecht kann sich also freuen. Der Minister und Exploratoriums-Schirmherr besucht die Ausstellung bestimmt auch 2009 wieder.
Juliane Wedemeyer
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