zum Hauptinhalt
Eichhörnchen biss zu. Junge Johanniter (6) verarzten eine Freundin

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Retter bei Infarkt und Eichhörnchenbiss

Johanniter absolvierten ihren Landeswettstreit und feierten 60. Geburtstag

Stand:

Ehe am Samstag beim Landeswettkampf der Johanniter in Potsdam die ersten Notfallopfer gerettet werden konnten, mussten sich die Wettkampfteilnehmer erst einmal selbst retten: vor den Regengüssen, die auf den Lustgarten herniederprasselten. Zum Glück gab es ein Ausweichquartier in der Sportschule am Luftschiffhafen und dort konnte dann versorgt werden, wer in einen Unfall verwickelt war, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hatte oder beim Waldspaziergang von einem halbzahmen Eichhörnchen gebissen wurde. All diese Unfälle und Nothilfen waren natürlich nur simuliert, doch der Realität nachempfunden. Mit dem Tierbiss musste sich eine Gruppe Sechsjähriger auseinandersetzen. Sie sind die Jüngsten, die bei den Johannitern als ehrenamtliche Helfer mitmachen dürfen. Sie konnten sich sehr gut vorstellen, dass so etwas beim Waldspaziergang passiert.

Die Landesgruppe Berlin/Brandenburg der Johanniter hat 72 472 fördernde Mitglieder, 2 405 ehrenamtliche Helfer und in der Johanniter-Jugend arbeiten 453 Jugendliche, unter anderem als Schulsanitäter, mit. In Potsdam übernimmt die aktuelle Rettungsarbeit zwar die Feuerwehr, bindet die Johanniter – anders als in Berlin – dabei aber leider nur wenig ein. Doch es gibt die Hauptgeschäftsstelle der Johanniter in Babelsberg, an die man sich wenden kann, angeboten werden Fahrdienste, Hausrufnotdienst und Essen auf Rädern. Und es gibt das Johanniter-Quartier für betreutes Wohnen in der Zeppelinstraße. Das ist ein Vorzeigeobjekt und hat sich einen so guten Ruf erworben, dass sich dort auch die Stolpes – Manfred Stolpe war von 1990 bis 2002 Ministerpräsident in Brandenburg und danach Bundesverkehrsminister – einmieteten. Eine Rettungswache hat Potsdam nicht, deshalb ist der Potsdamer Ronny Hidde (26) auch nach Treuenbrietzen „ausgewandert“, um die Leitung der Rettungsstelle zu übernehmen. Beim Wettkampf trat er mit einer Mannschaft aus Potsdam-Mittelmark/Fläming an.

Zum 10. Landeswettstreit der Johanniter waren rund 300 Teilnehmer angereist, zu denen auch zwei Mannschaften aus der polnischen Region Lebuser Land gehörten. Zu den polnischen Joannici gibt es schon eine langjährige Verbindung, man besucht sich gegenseitig und der 60. Geburtstag der deutschen Johanniter wurde natürlich auch gemeinsam gefeiert. Ehe es jedoch in der Sportschulen-Mensa ans Feiern ging, war erst einmal Rettung aus der Not angesagt. Der Wettstreit um das beste Ergebnis zeigte die Berliner an der Spitze. Sie stellten bei „Erster Hilfe“ die besten „Profi-Retter“, siegten in der Kategorie der 12- bis 16-Jährigen und bei den über 16-Jährigen. Lediglich bei den Sechs- bis Zwölfjährigen gewann die Mannschaft 1 aus Südbrandenburg.

Beim Wettkampf wurde simuliert, was auch im normalen Alltag passieren kann. Dabei gab es ziemlich verzwickte Fälle. Mutter und Sohn waren zum Beispiel nach einer Feier auf die Straße gelaufen und von einem Auto erfasst worden. Der Junge, käseweiß, hatte kaum sichtbare äußere Verletzungen, rührte sich aber nicht mehr. Die Retter mussten einen Schädelbasisbruch erkennen und eine entsprechende Notversorgung einleiten. Bewertet wurde auch, wie die Helfer den Unfallopfern psychisch beistehen. Oberschiedsrichter Michael Boller, ein Berliner Zahnarzt, arbeitet schon seit 40 Jahren ehrenamtlich für die Johanniter. Er hat die Szenarien für die Prüfung mit ausgearbeitet und dafür ein Drehbuch geschrieben.

Seit Gründung der Johanniter vor 60 Jahren beschäftigen sie sich damit, zu retten, zu helfen, immer wieder neuen Nachwuchs auszubilden und ihn für die Einsätze fit zu machen. Denn, wie die komplizierten Fälle zeigen, auch das Retten will gelernt sein. Ob das Wissen und die praktische Erfahrung ausreichen, das wird dann in den Wettkämpfen überprüft. Die Besten werden nun zum Bundeswettstreit fahren. Hella Dittfeld

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })