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Prächtig. Ein neues Buch widmet sich eingehend dem Ribbeck-Altar.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Ribbeck nimmt neben Jesus Platz

Barocke Pracht beim Gemeindefest in Groß Glienicke.

Stand:

Weiß, gold, blau – der 2012 restaurierte Altar der Kirche in Groß Glienicke lässt das protestantische Gotteshaus in barocker Pracht erstrahlen. Am Sonntag diente das reich verzierte Kunstwerk anlässlich des jährlich stattfindenden Gemeindefestes als Kulisse für den Familiengottesdienst, der fast zur Hälfte von Kindern und Jugendlichen bestritten wurde: „Lukas, Papa, Essen!“, ruft eine Konfirmandin ihre gleichaltrigen „Familienmitglieder“ an den Essenstisch, der mitsamt Topf und Tellern schnell vor dem Altar aufgebaut wurde. „Moses ging mit seinem Volk durch dick und dünn“, erzählt die Jugendliche die Geschichte des Auszugs aus Ägypten.

Dann wird es musikalisch: Gleich dreimal lassen die „Groß Glienicker Chorgirls“ ihre Stimmen erklingen und in einem kleinen Sing-Theaterstück stehen behinderte und nichtbehinderte Kinder, die als Eule, Affe, Schnecke oder Pfau verkleidet sind, ganz selbstverständlich zusammen auf der Bühne.

Die gesamte Kirche ist bis auf den letzten Platz besetzt, über 100 Groß Glienicker verfolgen aufmerksam die liebevoll einstudierten Programme der jungen Gemeindemitglieder und spenden viel Beifall. Während sich die Hungrigen nach dem Gottesdienst zum Gemeindezentrum begeben, wo bereits ein großes Büffet wartet, präsentiert Pfarrer Bernhard Schmidt vor der halb gefüllten Kirche noch etwas ganz Besonderes: ein 100-seitiges Buch über die Geschichte und die Restaurierung des Ribbeck-Altars. Der Titel des von Schmidt herausgegeben Buches „Ein Interesse weckt nur noch das Altarbild“ ist ein Zitat des „wohl berühmtesten Besuchers unserer Kirche, Theodor Fontane“, so der Pfarrer.

Gestiftet wurde der Altar 1684 vom Gutsherren Hans Georg III. von Ribbeck, der während seines Patronats die Dorfkirche großzügig ausstattete. Etwa ein Dreiviertel Jahr dauerte es, dem nachgedunkelten Altar wieder seinen alten Glanz zu verleihen, auch die Bildhauerin Ricarda von Ribbeck war an der Restaurierung beteiligt. „Es ist eindeutig belegt, dass es sich bei dem Mann, der den Bildbetrachtenden anschaut, um den Stifter selbst handelt“, gibt die Nachkommin des Gutsherrn eine kurze Leseprobe aus dem Buch. Gemeint ist die Darstellung des letzten Abendmahls im unteren Teil des Altars: Zwischen Jesus und seinen Jüngern sitzt ein Mann mit auffällig barocker Kleidung und einer Perücke. „Es war im 17. Jahrhundert durchaus üblich, dass sich Kirchen-Stifter so verewigen ließen“, sagt Schmidt, weist aber auch auf Ribbecks Demut hin: „In dieser Szene sagt Jesus: ‚Einer von euch wird mich verraten’, Ribbeck sitzt also als ganz normaler Sünder mit am Tisch.“

Etwa 45 000 Euro hat die Erneuerung des Altars gekostet, ein Teil davon stammt direkt aus der Gemeinde. „Die Groß Glienicker lieben ihre Kirche“, sagt Schmidt über die 850 Gemeindemitglieder. Erik Wenk

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