Landeshauptstadt: Rot-roter „Rettungsring“
Stadt zahlt 700 000 Euro an SV Babelsberg 03 – und übernimmt die Kontrolle
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Ein rot-rotes Bündnis im Potsdamer Stadthaus sichert die Zukunft von „Nulldrei“: 700 000 Euro aus der Stadtkasse fließen an den Fußballklub SV Babelsberg 03, um ihn vor der Insolvenz zu bewahren. Das beschlossen die Stadtverordneten am Mittwochabend mehrheitlich vor allem mit den Stimmen von SPD, Linke und Die Andere. Die CDU positionierte sich wie das Bürgerbündnis hart gegen das städtische Sponsoring, Bündnisgrüne, FDP und Potsdamer Demokraten waren gespalten.
Mit der Finanzspritze der Stadt und der 1,4-Millionen-Euro-Bürgschaft der Deutschen Kreditbank (DKB) wird der SV Babelsberg 03 immer mehr zum SV Potsdam: Die Stadt und die DKB haben weitreichende Bedingungen für ihren finanziellen Rettungsschirm gestellt. Dazu gehört eine Lenkungsgruppe aus Verantwortlichen von Stadt, Bank und Verein, die alle Entscheidungen absegnen muss. Der neue SVB-Vorstand Thomas Bastian versprach den Stadtverordneten Transparenz: Alle Verträge würden offen gelegt, eine Änderung der Satzung solle mehr Rechte für Mitglieder sichern, der Verein werde 50 bis 60 Tage bevor der Deutsche Fußball Bund (DFB) über die Lizenzen für die Saison entscheide, über die finanzielle Lage informieren. Bastian betonte, den neuen Verantwortlichen im Verein sei es ernst: „Das ist keine Palastrevolution von links unten.“ Es sei ein Neuanfang.
Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) begründet seine Entscheidung für den Zuschuss für den SV Babelsberg 03 vor allem mit dem Engagement der Fans. Sie hatten in den vergangenen Tagen mit kreativen Aktionen mehr als 60 000 Euro an Spenden gesammelt. „Einige waren sogar bereit, ihre Häuser zu beleihen – vor solchem Engagement ziehe ich meinen Hut“, sagte Jakobs. Da solle die Stadt nicht zurückstehen. Mit dem „Rettungsring“ über 700 000 Euro könne auch wieder Vertrauen in den Verein geschaffen werden. „Es haben schon Unternehmen Kontakt zu mir gesucht und gesagt, sie stünden bereit“, wenn sie nicht allein stünden, so Jakobs. Den Zuschuss will der Oberbürgermeister aus der Gewinnausschüttung der Stadtwerke an die Stadt nehmen. Eingeplant wurden bislang 1,2 Millionen Euro, der Stadtwerke-Gewinn 2010 liege auch wegen neuer gesetzlicher Regularien bei etwa zwei Millionen Euro.
Die CDU lehnte eine Zustimmung wegen zu vieler offener Fragen ab. Die Christdemokraten bezweifelten, dass die Finanzspritze den Klub dauerhaft sichern könne. Das Bürgerbündnis vermisste ein tragfähiges Finanzkonzept. Der Stadtwerke-Gewinn könne in Potsdam auch anders investiert werden. Die Linke unterstütze den SV Babelsberg 03 generell, so Fraktionschef Hans- Jürgen Scharfenberg. Für den Verbleib in der dritten Liga habe die Partei sogar einen städtischen Zuschuss von 1,4 Millionen Euro gewollt; dieser sei durch die Bürgschaft über dieselbe Höhe der Deutschen Kreditbank nicht mehr notwendig. Der Neuanfang des Vereins sei „eine große Chance“, so Scharfenberg. SPD- Fraktionschef Mike Schubert sagte, die SPD wolle dem Verein das Geld geben, um negative Konsequenzen wie ein Ende der Kinder- und Jugendarbeit bei Insolvenz zu verhindern. Er verwies auf ähnliche Entscheidungen in Dresden und Bielefeld; dort erhalten die Fußballklubs öffentliche Gelder in Millionenhöhe; in Dresden auf Antrag der CDU, so Schubert.
Die Bündnisgrünen waren gespalten, stimmten aber mehrheitlich zu. Fraktionschefin Saskia Hüneke mahnte jedoch, die Bedingungen der Stadt dürften nicht im Sande verlaufen. Die FDP-Fraktionschefin Martina Engel-Fürstberger erinnerte daran, dass der SV Babelsberg 03 offensichtlich schon in den Vorjahren finanziell labil gewesen sei. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Stadt ihr Geld „verbrennt“, so Engel-Fürstberger.
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