
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Roter Adler ganz klein
Im Streit um die Farbe des Wappentiers im Landtag hat Architekt Peter Kulka einen Kompromiss vorgeschlagen. Trotzdem könnte es zur Kampfabstimmung kommen
Stand:
Viele halten es für eine Posse, andere für eine Grundsatzfrage nach der Identität des Brandenburgers an sich. Nach monatelangem Streit um den von Architekt Peter Kulka entworfenen weißen Adler im Plenarsaal des neuen Landtags zeichnet sich jetzt eine Lösung ab. Eine Kampfabstimmung der Abgeordneten ist aber nicht ausgeschlossen.
Kulka hat am Montag in informeller Runde dem Landtagspräsidium einen Kompromissvorschlag unterbreitet. Demnach soll der weiße Adler an der Stirnseite des Plenarsaals abgenommen und am Rednerpult ein kleinerer roter angebracht werden, dazu der Schriftzug „Landtag Brandenburg“. Zumindest die Linke und die SPD signalisierten Zustimmung. Demnach soll der rote Adler am Rednerpult allerdings nicht dem heraldisch korrekten, also originalen Wappentier entsprechen, sondern eine symbolhafte Abbildung sein. Zum Gesamtkonzept gehört auch, dass ein Fahnenständer mit Brandenburg-, Deutschland- und Europafahne aufgestellt wird.
Die CDU-Fraktion dagegen initierte einen Gruppenantrag, den auch Teile der FDP-Fraktion mittragen wollen. Sie wollen das Plenum ohne Fraktionszwang darüber abstimmen lassen, dass der weiße Adler entfernt und durch das heraldisch korrekte Landeswappen ersetzt wird. Kulkas Kompromissvorschlag lehnt die CDU ab, sie beharrt darauf, dass im Landtag das Hohheitszeichen des Landes hängt. Man werde gegebenenfalls eine namentliche Abstimmung beantragen, sagte CDU-Fraktionschef Michael Schierack.
Linke-Fraktionschefin Margitta Mächtig sagte, ihre Fraktion habe sich bereits für den Erhalt des weißen Adlers ausgesprochen. Sollte sich dies jedoch nicht durchsetzen, würden die Linke-Abgeordneten auch Kulkas Vorschlag annehmen.
Auch SPD-Fraktionschef Klaus Ness zeigte sich offen für Kulkas Vorschlag. Noch im März hatte die Fraktion per Beschluss bekräftigt, dass im Plenarsaal ein roter Adler hängen soll. Nun will Ness bei den SPD-Abgeordneten dafür werben, der vom Landtagsarchitekten vorgebrachten Lösung zuzustimmen. „Das ist eine Brücke, über die wir gehen können“, sagte der SPD-Fraktionschef. Er lobte zugleich Kulka für den am Montag vorgestellten Kompromiss. „Ich bin Herrn Kulka sehr dankbar, er hat sich weit bewegt, das ist nicht selbstverständlich“, sagte Ness. Zudem habe Kulka verstanden, welch große Bedeutung der rote Adler für die Identititätsstiftung in Brandenburg in den Nachwendejahren nach dem Zusammenbruch der DDR war.
Ness versucht mit der Annahme des Vorschlags auch langwierige juristische Auseinandersetzungen mit Kulka und Entschädigungszahlungen an den Architekten zu vermeiden. Der hatte bereits angekündigt, zu klagen, falls der weiße Adler ohne seine Zustimmung einfach aus dem Plenarsaal entfernt werden würde. Ohnehin dürften in diesem Fall langwierige Prozesse folgen. Dann ginge es um die schwierige Frage, was höher zu bewerten ist: das Selbstbestimmungsrecht des Parlaments oder das Urheberrecht des Architekten.
Kulka selbst sprach gegenüber den PNN von der „zweitschönsten Lösung“ für den Plenarsaal: „Aber ich kann damit leben.“ Der kleinere rote Adler am Rednerpult integriere sich noch in das gesamte Raumkonzept. „Ich kann mich nicht hinstellen und anfangen, den weißen Adler rot anzumalen. Das verträgt der Raum auch nicht.“ Dies würde die Proportionen und die Gesamtgestaltung des Saals stören. Wichtig sei, dass der „Raum nicht kaputt geht“. Das Original-Wappen lehnt Kulka ab – auch wegen der historischen Herkunft als Zeichen der Macht in kriegerischen Auseinandersetzungen.
Unklar ist noch, wie sich Parlamentspräsident Gunter Fritsch (SPD) verhält. Er will nun die Meinungsbildung in den Fraktionen abwarten. Das Präsidium des Parlaments kommt am 7. Mai wieder zusammen und könnte sich dann erneut mit dem Adler beschäftigen. Fritsch aber hatte in den vergangenen Monaten mehrfach unglücklich agiert und Druck für den roten Adler gemacht. Er ist seit jeher Anhänger des heraldisch korrekten, also nach dem allgemeinen Wappenwesen historisch überlieferten Wappentiers des Landes Brandenburg mit gelbem Schnabel, gelben Kralllen und gelbem Kleestengel an den Flügeln. Unklar ist auch, warum Fritsch überhaupt Druck gemacht hat. Im September sind Landtagswahlen, er selbst tritt nicht mehr an. Dann wird es einen neuen Parlamentspräsidenten geben. Fritsch wird nachgesagt, er wolle vor seinem Rückzug aus der Politik unbedingt sein Lebenswerk vollenden.
Kulka würde den weißen Adler übrigens mitnehmen, falls der Kompromiss durchkommt. Es gibt aber auch einen abderen Interessenten: Die Linksfraktion würde den Adler gern bei sich aufhängen.
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