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Landeshauptstadt: Roter Schnee

2500 Neugierige im Wissenschaftspark Golm / Ministerin Wanka: 350 Millionen Euro gut angelegt

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Golm - Wie entstand das Universum und woraus besteht es? Was lässt sich von der Natur für die Entwicklung neuer Materialien lernen? Was steckt hinter dem Geheimnis des „roten Schnees“ aus der Antarktis? Mit solchen Fragen beschäftigen sich täglich Forscher des Golmer Wissenschaftsparks. Zum siebten „Tag der offenen Türen“ stellten sie am Samstag den rund 2500 Besuchern der fünf in Golm ansässigen Max-Planck- und Fraunhofer- Institute ihre Arbeit vor. Seit 1991 wurden im größten Wissenschaftspark Brandenburgs, bestehend aus dem Campus der Universität Potsdam, den fünf Instituten sowie dem Innovationszentrum Go:In „über 350 Millionen Euro verbaut“, sagte Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) am Samstag. Eine Umfrage, nach der zwei der Golmer Forschungseinrichtungen unter ausländischen Studenten zu den zwölf beliebtesten in ganz Deutschland zählen, zeige, dass sich diese Investitionen auch gelohnt hätten, fügte Wanka hinzu. Im Go:In hätten sich zudem bereits 13 Existenzgründer angesiedelt, die Uwe Braun GmbH will zudem bis Anfang 2008 in Golm eine Fertigungshalle mit dem Potential für 400 neue Arbeitsplätzen errichtet haben, so Go:In-Geschäftsführer Ulrich Dietzsch. Vier der fünf Institute kurz vorgestellt:

Mit Grundlagenforschung beschäftigt sich das

Max-Planck-Institut (MPI) für Gravitationsphysik. Dort soll die Existenz von „Gravitationswellen“, der letzten unbestätigten Vorhersage von Albert Einsteins Relativitätstheorie, nachgewiesen werden. Wie ein Schwimmer im Wasser erzeugen Sterne und Galaxien bei ihrer Bewegung durch das Universum Wellen in der Raum-Zeit. Dadurch verändern sie den Abstand zwischen den Objekten im Weltall. Diese winzigen Veränderungen lassen sich mit herkömmlichen Vermessungstechniken aber nicht feststellen. Deshalb sollen ab 2017 drei Satelliten mit Raketen ins All befördert werden, die dort im Abstand von jeweils fünf Millionen Kilometern mithilfe des „größten Lasers der Welt“ auch kleinste Abweichungen registrieren. Von den Ergebnissen erhoffen sich die Forscher neue Erkenntnisse über Schwarze Löcher und Dunkle Energie und damit über Entstehung und Zusammensetzung des Universums.

Im Gegensatz dazu beschäftigen sich die 250 Wissenschaftler im

MPI für Kolloid- und Grenzflächenforschung mit der Welt der kleinsten Teilchen. Sie erforschen, wie sich diese für das menschliche Auge unsichtbaren Körper, „Kolloide“ genannt, verhalten. Ein Schwerpunkt des Golmer Instituts ist dabei die „Biomimetik“: Mit Hochleistungsmikroskopen wird die belebte Natur erforscht, um von ihr für die Entwicklung neuer Materialien zu lernen. So könnte die Lösung des Rätsels, warum sich die Zellen im menschlichen Körper ständig erneuern zur Entwicklung von verbesserten künstlichen Hüftgelenken beitragen.

Von der Natur lernen wollen auch die Forscher des

Fraunhofer Instituts für Biomedizinische Technik. Dafür untersuchen sie die auf einer Exkursion in die Antarktis gesammelten Algen, die unter extremen Bedingungen in den obersten Schichten der polaren Schneedecke gedeihen. Von den „Schneealgen“, die aufgrund ihrer intensiven Färbung für das Phänomen des „roten Schnees“ verantwortlich sind, erhoffen sich die Wissenschaftler neue Erkenntnisse darüber, wie Organismen eingefroren werden müssen, um nach dem Auftauen weiterleben zu können. Die Ergebnisse könnten zur besseren Konservierung der im Zellkulturlabor des Instituts lagernden menschlichen und tierischen Stammzellen verwendet werden. Bislang überleben nur 20 Prozent der Zellen das Einfrieren.

Ebenfalls mit Algen beschäftigen sich die Wissenschaftler am

MPI für Molekulare Pflanzenphysiologie. Bei ihrem „systembiologischen Ansatz“ konzentrieren sie sich dabei nicht auf die Erforschung der einzelnen Gene, sondern vielmehr auf deren Zusammenwirken. Davon erhoffen sich die Forscher neue Erkenntnisse darüber, wie die Pflanzen funktionieren und welchen Einfluss jedes Gen auf den Gesamtorganismus hat. Erste Ergebnisse der Forschung seien bereits für den Anbau gentechnisch veränderter Kartoffeln genutzt worden, erklärt Rainer Höfgen. Dass aber ein Großteil der Resultate in Deutschland aufgrund der „restriktiven, forschungsbehindernden Vorschriften“ nicht umgesetzt werden können, ärgert den Forschungskoordinator des Instituts. Weltweit würden gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut. Beweise für eine von der Gentechnik ausgehende Gefahr lägen nicht vor. „Dass hier die Potentiale nicht genutzt werden, ist langfristig töricht“, so Höfgen. Frederik von Harbou

Frederik von Harbou

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