Landeshauptstadt: Ruf an die Potsdamer
Hoffnung auf Jüdisches Zentrum in der Innenstadt mit Synagoge, Abraham Geiger Kolleg und Altenheim
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Innenstadt - In der Potsdamer Innenstadt soll ein großes jüdisches Zentrum entstehen. Der Potsdamer Synagogenbauverein will nicht nur auf einem 520 Quadratmeter großen Grundstück eine jüdische Synagoge mit 120 bis 150 Plätzen und ein Gemeindezentrum errichten. Vielmehr könnte weiterhin auf dem 6000 Quadratmeter großen Gesamtareal an der Ecke Schloss- und Friedrich- Ebert-Straße ein jüdisches Altenheim mit etwa 80 Plätzen und das Abraham Geiger Kolleg – das erste Rabbinerseminar in Zentraleuropa nach dem Holocaust – Platz finden.
Der Vorstand des Bauvereins neue Synagoge Potsdam e.V., Horst-Dieter Weyrauch, richtete gestern vor Journalisten einen „Ruf an die Potsdamer“ zum Aufbau der dann einzigen Synagoge im Land Brandenburg. „Wir, die Potsdamer, tragen Verantwortung aus der Geschichte – wenn wir sie ernst nehmen samt ihrer Schattenseiten“, sagte der 1936 geborene ehemalige Mitarbeiter der Potsdamer Stadtverwaltung und Ex-Bürgermeister von Wernigerode. Bei den NS-Pogromen 1938 war die ehemalige Synagoge am heutigen Platz der Einheit geschändet und 1945 beim Bombenangriff auf Potsdam zerstört worden. „Sie war seit dem 9. November 1938 durch die jüdische Gemeinde nicht mehr nutzbar“, so Weyrauch: „Das ist der springende Punkt.“
Zwangsweise war das Gebetshaus 1938 an die Deutsche Post verkauft worden. Deren Rückgabeantrag wurde nach 1990 abgelehnt, so Weyrauch. Die jüdische Gemeinde sprach sich gegen einen Abriss des heute dort stehenden intakten Wohnhauses aus. Daher fiel die Wahl für den Neubau auf den Standort Schlossstraße. Es wird der vierte Synagogenbau in der Geschichte Potsdams sein.
Benötigt werden für die Errichtung des jüdischen Gebetshauses etwa drei bis vier Millionen Euro. Als „ersten Synagogen-Baustein“ beginnt der Bauverein mit dem Verkauf einer von Peter Rogge gestalteten Broschüre, die in deutsch, russisch, englisch und hebräisch über das Synagogenprojekt und die Geschichte der Potsdamer Juden informiert. Weyrauch hofft, zum 70. Jahrestag der Pogromnacht am 9. November 2008 ein sichtbares Zeichen setzen zu können – der beginnende Abriss des gegenwärtigen Gebäudes an der Schlossstraße oder bereits die Grundsteinlegung, im besten Fall sogar das Hochziehen der Richtkrone für die neue Synagoge. Bereits im ersten Halbjahr 2007 soll es einen Architekturwettbewerb geben, Weyrauch rechnet mit etwa 190 interessierten Architekten, von denen zwölf zu konkreten Entwürfen eingeladen werden. Über den Sieger entscheidet eine Jury, in der auch Potsdamer sitzen sollen. Weyrauch rechnet mit einer Teilnahme zahlreicher Architekten aus Potsdam, aber auch mit Beiträgen internationaler Größen. Er erwähnte Daniel Libeskind, den Architekt des Jüdischen Museums Berlin. Die Spendengala zugunsten der Synagoge am 16. November im Nikolaisaal soll beitragen, die für den Wettbewerb nötigen 120 000 bis 150 000 Euro einzubringen. Zur Finanzierung von Gebäuden für das Abraham Geiger Kolleg und das jüdische Altenheim liegt laut Weyrauch eine Absichtserklärung der Weinberg-Stiftung vor.
Nach Angaben Weyrauchs gibt es auch eine Absichtserklärung des Landes Brandenburg – ein Letter of Intent des Ministerpräsidenten – wonach das Land das 520-Quadratmeter-Grundstück an der Schlossstraße für den Bau des Gebetshauses zur Verfügung stellen will. An dieser Stelle befindet sich derzeit ein Neubau aus DDR-Zeit. Darin ist neben der jüdischen Gemeinde auch das Amtsgericht Potsdam untergebracht. Es zieht laut Weyrauch 2007 ins Justizzentrum in der Jägerallee. Weitere Nutzer hätten befristete Mietverträge, so dass „wir keine Mieter “rauswerfen werden“, erklärte Weyrauch. Auch hinsichtlich einer Übernahme des weiteren Areals für das Abraham Geiger Kolleg, das noch ohne eigene Räume ist, und das jüdische Altenheim, für das die Verwaltung derzeit im Auftrag der Stadtverordneten einen geeigneten Ort sucht, sei der Bauverein in Gesprächen mit dem Land. Seit 2005 gibt es einen Staatsvertrag zwischen dem Land und der jüdischen Gemeinde Brandenburg. Darin heißt es laut Weyrauch in Paragraf 7: Das Land unterstützt den Bau einer Synagoge.
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