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Landeshauptstadt: Rundum Wasser und Radlerlatein

Zwischen Köpenick, Erkner und Fürstenwalde gibt es gleich drei Radfernwege. Auf ihnen kann man Natur pur erleben – und hat hinterher viel zu erzählen

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Geraten Radfahrer nach einer längeren Tour so richtig ins Schwärmen, kommt das dem berüchtigten Latein von Anglern und Jägern manchmal sehr nahe. Da wird geprahlt und geflunkert, kleine Hügel wachsen sich zu steilsten Anstiegen aus und ein paar Haarnadelkurven zur endlosen Serpentine. Auch Köpenick bietet Gelegenheit zu wundersamen Geschichten. An der Köpenicker Altstadt führt nämlich der Europaradweg Nr. 1 zwischen Calais und St. Petersburg vorbei, der die Fantasie schon allein angesichts beider Ortsnamen anregt.

Wer sich in Köpenick zum Beispiel nach Osten wendet, landet zunächst am Müggelsee, dann an der Grünheider Seenkette, schließlich im Oderbruch und nach vielen Hundert Kilometern über Polen irgendwann tatsächlich in Russland. So weit reicht unser Radnavigator nicht, an der Landesgrenze ist Schluss mit der digitalen Führung. Doch die knapp 90 Kilometer lange Route, die wir uns heute ausgesucht haben, hält auch so viele Eindrücke bereit.

Seit dem Sommer vergangenen Jahres präsentiert sich der Abschnitt entlang des Müggelsees und weiter bis zur Endstation der S-Bahn-Linie S 3 in einem ausgezeichneten Zustand. Nach dem Start muss man nur kurz am S-Bahnhof Köpenick den starken Autoverkehr auf der Bahnhof- und der Lindenstraße sowie auf der Müggelheimer Straße in Kauf nehmen. Ab der Pablo-Neruda-Straße und dem Müggelschlösschenweg im Salvador-Allende- Viertel geht es aber nur noch auf glatter Asphaltschicht durch Wälder und Parks sowie über die Müggelspree und am Großen und Kleinen Müggelsee vorbei.

Allerdings könnte der vorher vom Radnavigator berechnete Zeitplan leicht durcheinander geraten, liegen doch viele Einkehrmöglichkeiten und Picknickplätze auf der Strecke. Schon der Blick auf die vielen weißen Segel oder die modernen Yachten verbreitet eine ganz besondere Stimmung. Wasser begleitet den Radler auch auf der weiteren Tour durch Erkner, das die Erinnerung an zwei bekannte Personen bewahrt. Das heutige Rathaus in der Friedrichstraße ließ sich Konzertflügelhersteller Carl Bechstein 1890 als Sommervilla errichten. Als größtes Gerhart- Hauptmann-Museum dient die Villa Lassen am Ende der Straße, in der der Dichter von 1885 bis 1889 lebte.

Hinter Erkner passiert der Europaweg Nummer 1 zahlreiche Seen mit Badestellen sowie Ausflugsrestaurants. Im kleinen Ort Kagel legen neuerdings viele Radfahrer eine Rast ein, scheiden sich doch hier die Wege. Nach Norden geht es Richtung St. Petersburg, nach Süden auf dem vor knapp drei Monaten eröffneten Weg „Tour Brandenburg“ zunächst nach Fürstenwalde. Ein roter Adler auf weißem Grund kennzeichnet diesen Rundkurs durch ganz Brandenburg. Er wurde von den Planern auf die Schnapszahl von 1111 Kilometer Länge gebracht. Mit wenigen Klicks ist er auf dem Radnavigator eingestellt.

Auf dieser Tour rollt es mit leichten Anstiegen bis nach Fürstenwalde. In der Domstadt folgt der nächste technische Stopp. Nun führt uns der „Spreeradweg“ auf dem Display zurück nach Erkner. Die Spreeauen gehören zweifellos zu den schönsten Etappen auf dem insgesamt 410 Kilometer langen Radweg entlang dem Fluss.

Hier schlängelt er sich auf natürliche Weise durch eine stille Landschaft. Mit seiner geringen Fließgeschwindigkeit lockt er Scharen von Wasservögeln an. Vom Rad aus muten einige Abschnitte wie ein unberührter Dschungel an. Manche Radtouristen könnten daher am Stammtisch durchaus wieder schwärmen oder prahlen, diesmal aber durchaus zu Recht.

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