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Landeshauptstadt: Sachsen kennt hier keiner

SPD-Spitzenkandidaten Steinmeier und Platzeck versprühen Optimismus

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Innenstadt - Er hat kurz gezögert, dann griff er zu. Ein Händedruck und schon war ein rot-rotes Bündnis in Brandenburg besiegelt: Zumindest für ein Sekunde und allein auf der Ebene zweier Genossen. Der eine ist der SPD-Kanzlerkandidat Frank- Walter Steinmeier, der andere der Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Scharfenberg von den Linken. Während Ministerpräsident Matthias Platzeck an Scharfenberg vorbei ging, streckte Steinmeier auf dem Weg zur Bühne allen Neugierigen seine Hand entgegen – so auch in Richtung Scharfenberg. Wahrscheinlich ohne zu wissen, wen er da persönlich begrüßt. Denn Scharfenberg ist bei der Landtagswahl am 27. September der einzige ernsthafte Widersacher seines Parteigenossen Mike Schubert im Potsdamer Wahlkreis.

Es war der Beginn einer Wahlkampfveranstaltung der SPD, deren Regisseure mit einem Ansturm wie beim Public-Viewing während der Fußball-WM gerechnet hatten, die am Samstag allerdings nur vor einigen hundert Schaulustigen im Lustgarten stattfand. Der Einmarsch zur Wahlkampfbühne glich dem zweier Gladiatoren, als Steinmeier und Platzeck zu heroischer Musik die Rampe des Hotel Mercure hinabstiegen, um dem Volk zu erklären, wer aus ihrer Sicht Gutes und weniger Gutes für das Land will.

„Wir für Frank“ stand auf den Plakaten der SPD-Anhänger in der ersten Sitzreihe und „Platzeck wählen“. Unter ihnen der langjährige Ministerpräsident und Platzeck-Vorgänger Manfred Stolpe. Die SPD- Anhänger haben seit der Wahl in Thüringen und Saarland wieder Hoffnung und mehr Selbstvertrauen. „Bei der Landtagswahl gewinnt die SPD mit Matthias Platzeck“, sagte eine Zuhörerin, auf Bundesebene glaubt sie nicht an einen SPD-Sieg. Ob das am Kandidaten Steinmeier liege, dazu wollte sie nichts sagen. Und auch Sachsen kennt an diesem Tag keiner – von dem desaströsen Wahlergebnis von gut zehn Prozent in Brandenburgs Nachbarland wollte niemand sprechen. So sind sich die beiden Spitzenkandidaten Steinmeier im Bund und Platzeck im Land sowie Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs zumindest für die Bundestagswahl sicher: Die SPD wird auch vor dieser Wahl – wie 2002 und 2005 – in den letzten drei Wochen punkten.

Vor allem Platzeck mobilisierte das Publikum und selbst die politische Konkurrenz auf dem Platz zollte dem Ministerpräsidenten in einigen Punkten Beifall. Beispielsweise, als dieser von mehr Solidarität sprach: „Lasst uns Schluss machen damit, dass derjenige am coolsten ist, der die spitzesten Ellenbogen hat“, so Platzeck. Auch Steinmeier, der vor einer rot- gelben Koalition auf Bundesebene warnte und deutlich machte, dass Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nicht zu seinen beliebtesten politischen Weggefährten gehört, erntete viel Beifall und wurde zwischenzeitlich sogar zum Kabarettisten: „Herr Westerwelle soll Außenminister werden, Herr Guttenberg auch – was wird das für ein Getümmel an meinem Schreibtisch. Schon deshalb können wir das nicht zulassen“, sagte er in Anspielung auf die Vergabe der Ministerposten der CDU und FDP im Vorfeld der Bundestagswahl. „Und was haben Sie an Vorschlägen in Erinnerung, die von der CDU kommen?“, fragte er die Zuhörer im Lustgarten. Schweigen. Steinmeiers Pointe kommt wohldosiert: „Mehr habe ich auch nicht gehört.

„Strike, coole Ansprache Alter“, schrie Werner, ein arbeitsloser Potsdamer, der am Rand der Bühne stand, bewacht von unzähligen Bodyguards. In deren Richtung sagte er dann auch: „Immer schön aufpassen, das ist ein guter Mann“. Da war der Linke Hans-Jürgen Scharfenberg übrigens schon weg. Er ging, kurz nachdem Steinmeier mit seiner Rede begonnen hatte. Wie ein Teil der gut 1200 Zuhörer – mehr sind es laut Polizei nicht gewesen, auch wenn SPD-Stratege Klaus Ness einigen Journalisten noch schnell „2000 Besucher“ ins Ohr flüsterte. Jan Brunzlow

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