zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Saisonstart beim „Kuli-König“

Günther Müllers Kugelschreiber-Museum hat wieder geöffnet: Die Gäste erwartet Kurioses aus aller Welt

Stand:

Berliner Vorstadt - Kugelschreiber sind ein typisches Wegwerfprodukt. Wenn sie nicht mehr schreiben, wandern sie in den Müll. Günther Müller sieht das natürlich ganz anders: Der 70-jährige Potsdamer würde einen Kuli niemals wegwerfen, sondern ihn höchstens gegen einen anderen tauschen. Müller betreibt in Eigenregie das deutschlandweit einzige Kugelschreiber-Museum in Potsdam. Mittlerweile nennt er rund 164 800 Kulis sein Eigen. Dass er es ernst meint mit seiner Sammelwut, ist ihm sofort anzusehen: Sogar auf seiner Seidenkrawatte hat er einen Kuli aufgedruckt. „Die hat meine Tochter gemacht!“, erklärt der Kuli-Mann. Am gestrigen Mittwoch eröffnete er sein Museum für die neue Saison.

Warum er einst mit dem Sammeln angefangen hat, kann Günther Müller selbst gar nicht so genau sagen. Die erste Idee zu einem Kugelschreiber-Museum kam ihm jedenfalls nach einem Bericht in den Potsdamer Neuesten Nachrichten: „1998 las ich einen Artikel, in dem von einem Potsdamer die Rede war, der 387 Kugelschreiber besitzen würde. Da habe ich zur Redaktion geschrieben: ,Ich habe über 3000!‘“, erinnert sich Müller: „Darüber wurde dann natürlich berichtet.“ Dieses Ereignis war der Auslöser, danach begann Müller, der sich selbst gerne als „Kuli-König“ bezeichnet, immer mehr Kugelschreiber zu sammeln, damals noch im Keller seiner Wohnung Am Moosfenn, den er wegen der anstehenden Sanierung dann jedoch räumen musste.

Vor zwei Jahren mietete Müller schließlich einige Zimmer in der Rubensstraße in der Berliner Vorstadt, wo er nun ganz offiziell sein Kugelschreiber-Museum einrichtete. Sogar Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) kam 2009 zur Einweihung und erweiterte die Sammlung durch die Spende eines Kugelschreibers aus Israel, erzählt Müller nicht ohne Stolz.

Ob aus Neuseeland, Vietnam oder Afrika, seine Schreibgeräte kommen aus allen Winkeln der Welt und haben alle möglichen und unmöglichen Formen: Kugelschreiber zum Aufblasen, aus Holz geschnitzt, mit Gel-Griff, in Form eines Hühner-Eis, zum Verbiegen, mit eingebauten Feuerzeug oder Thermometer, als boxende Ameise – die Fantasie der Kuli-Macher kennt offensichtlich keine Grenzen. „Für diese Kulis gibt es keinen Markt“, betont Müller. Die Stifte haben ausschließlich einen Liebhaberwert.

Seine Schätze präsentiert der 70-Jährige thematisch geordnet. So kann der Besucher etwa eine Vitrine mit Kugelschreibern der DDR-Jugendorganisation FDJ bewundern, in einer anderen sind Kulis der Weltraumorganisation NASA zu sehen, eine dritte Abteilung versammelt Stifte sind mit ägyptischen Motiven.

Die ausgestellten Exponate sind dabei nur die interessantesten Exemplare, erklärt Müller. Weitere über 100 000 Kulis stapeln sich in Kisten bis an die Decke. Es fehlt einfach an Platz, an Vitrinen, an Geld, sagt Müller. „Es wäre schön, wenn sich Sponsoren finden würden“, hofft er: „Dann könnte ich das Museum umbauen und vergrößern.“

Mit seiner Sammelleidenschaft ist der ehemalige Gastronom nicht allein. Knapp hundert deutsche und europäische Sammler kennt Müller mittlerweile durch den Club der Kugelschreiber-Sammler Deutschland, der 1992 gegründet wurde. Nächstes Jahr wird das 20. Jubiläum gefeiert. Zweimal im Jahr trifft sich der Kuli-König mit Gleichgesinnten bei Tauschbörsen und erweitert dabei sein Sortiment.

Müller hat sich außerdem sehr über die anonymen Spenden gefreut, die Besucher in seinem Museum hinterlassen haben: „Mal waren es 300, mal 150 Kulis“, erzählt er. Nur, wenn er den Gast zum Schluss noch um einen Eintrag ins Gästebuch bittet, fehlt ihm plötzlich ausgerechnet – ein Kuli. Nach einem funktionierenden Stift muss er erst suchen. Denn die meisten Ausstellungstücke schreiben natürlich längst nicht mehr.

Das Kugelschreiber-Museum in der Rubensstraße 9 ist von Mai bis Ende September jeden Mittwoch von 14.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })