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Von Henri Kramer und Sabine Schicketanz: Scharfenberg bekennt sich öffentlich

Linke-Politiker bezieht im Internet Stellung zu seiner Vergangenheit als Stasi-Spitzel

Stand:

Der Potsdamer Linke-Politiker Hans-Jürgen Scharfenberg bekennt sich jetzt öffentlich zu seiner Vergangenheit als Stasi-Spitzel. Scharfenberg, dessen Kandidatur bei der Potsdamer Oberbürgermeister-Wahl im Herbst als wahrscheinlich gilt, hat auf seiner Homepage unter der Rubrik „Persönliches“ eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin heißt es, er sehe seine Tätigkeit als IM „heute als meinen größten Fehler an. Allerdings kann ich ihn nicht mehr rückgängig machen.“ Seinem „Selbstverständnis“ nach habe er „niemandem konkret geschadet“. Dies könne er aber „nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen“.

Der Linke-Landtagsabgeordnete und Potsdamer Stadtfraktionschef Scharfenberg hatte von 1978 bis 1985 als IM „Hans-Jürgen“ an der Babelsberger Akademie für Staat und Recht (ASR) Kollegen und Vorgesetzte bespitzelt und auch aus ihrem Privatleben berichtet. Er habe seine Verpflichtungserklärung als 24-Jähriger aus „meiner damaligen politischen Überzeugung“ unterschrieben, so Scharfenberg. Die Stasi beendete die Zusammenarbeit mit ihm 1985, weil er stellvertretender Parteisekretär an der ASR wurde und damit ein offizielles Parteiamt übernahm.

Nach 1990 hatte Scharfenberg seine Enttarnung als ehemaliger Stasi-IM zunächst über Jahre verhindert. Erst Ende 1995 bekannte er sich vor den Stadtverordneten – dem Präsidium lag damals bereits ein positiver Bescheid der Stasi-Unterlagenbehörde vor. Im Anschluss prüfte eine mit Stadtverordneten besetzte Kommission die Akte. Eine Empfehlung zur Niederlegung des Mandats sprach sie nicht aus. Ein Grund war offenbar, dass die Stasi im Abschlussbericht protokollierte: „Eine direkte Arbeit an Personen konnte mit dem IMS nicht erreicht werden.“ Seiner Kenntnis nach gebe es „keine neuen Informationen der Birthler-Behörde im Vergleich zum Stand von 1995“, so Scharfenberg in seiner Stellungnahme. Er weist darauf hin, dass ihn bei den Landtagswahlen 2004 und 2009 sowie bei mehreren Kommunalwahlen „viele Bürger“ in Kenntnis seiner Stasi- Verstrickungen gewählt hätten. Bei der letzten Potsdamer Oberbürgermeister-Wahl 2002 war Scharfenberg dem SPD- Amtsinhaber Jann Jakobs mit nur 122 Stimmen unterlegen. Jakobs, der selbst wieder antreten will, hatte jüngst an die Potsdamer Linke appelliert, Scharfenberg nicht als Kandidat aufzustellen. Das Selbstverständnis der rot-roten Landesregierung, wonach ehemalige Stasi-Spitzel keine Regierungsämter übernehmen sollen, müsse auch für das Oberbürgermeister-Amt gelten, so Jakobs. Die Spitze der Potsdamer Linken hatte zunächst einen „Plan B“ erwogen, nach einer Vorstandsklausur waren die Bedenken gegen eine Kandidatur Scharfenbergs allerdings ausgeräumt. Scharfenberg selbst spricht von einer „Neubewertung“ seiner Stasi-Vergangenheit im Zuge der IM-Enttarnungen in der Landtagsfraktion der Linken. Ob er für die Linke ins Rennen um das Amt des Oberbürgermeisters geht, entscheiden Delegierte aus den Potsdamer Basisgruppen bis Juli.

Unterdessen ordnen der Potsdamer Kreisverband und die Fraktion ihre Zusammenarbeit. Hinter verschlossenen Türen fand gestern Abend eine Sitzung von Vorstand und Fraktion statt. „Es soll darum gehen, wo die Partei stärker auftreten kann“, sagte Kreischef Günther Waschkuhn. In der Vergangenheit hatte es Kritik aus der Partei gegeben, die Fraktion torpediere unter anderem eine bessere Zusammenarbeit mit der SPD und setze vor allem auf Konfrontation.

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