zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Scharfes aus Elfenhand

Susanne Posth rührt in der Küche der „Senfelfen“ Exklusives aus regionalen Produkten und wilden Früchten zusammen

Stand:

Nicht alles, was im Frühjahr gelb blüht, ist Raps. Nur wenig später steht auf vielen Feldern in Brandenburg der Senf in voller Blüte. Auch Susanne Posth hat einen Landwirt in Teltow-Fläming, von dem sie – säckeweise – ihre Senfsaat bezieht. Unscheinbare helle oder schwarze Körnchen, die erst beim Zerkauen und durch die Berührung mit Wasser ihre typische Schärfe entwickeln.

Mehr als 25 Sorten Senf stellt die „Senfelfe“ in der Küche hinter ihrem Laden daraus her, wo sie auch Marmeladen, Kräutersalze, Liköre und Essige, Pasten und Pestos herstellt. Das kleine Geschäft der „Senfelfen“ ist jetzt im vierten Jahr fest etabliert auf dem Potsdamer Markt. „Eine Feinkostmanufaktur gab es zuvor in Potsdam nicht“, sagt Susanne Posth. „Das war meine Lücke.“ Die gelernte Apothekenhelferin recherchierte das gründlich von ihrem Exil auf Norderney aus, bevor sie sich entschloss, nach 20 Jahren in ihre Heimatstadt zurückzukommen, um sich hier selbstständig zu machen. Erfahrung aus dem Bereich Gastronomie brachte sie von der Insel mit. Doch alles, was den Senf betraf, eignete sie sich autodidaktisch an.

Anfangs waren es noch zwei Elfen, Susanne Posth und ihre Schwester, die den kleinen Laden in der namengebenden Hermann–Elflein–Straße 11 führten. Jetzt ist sie alleinige Inhaberin – und macht alles: Recherche, Einkauf, Verarbeitung, Vertrieb, Marketing. „Ich habe eine gepflegte Sieben-Tage–Woche“, sagt sie pragmatisch und mit einem mutigen Lächeln. Gerade hat sie Mirabellen geerntet, mehrere Körbe, voll mit den kleinen gelben Pfläumchen, stehen in der makellos sauberen Küche, die sich an den Laden anschließt. Hier kann sie arbeiten und hat dabei stets das Geschehen im Geschäft im Blick.

Die Früchte kommen von wilden Obstbäumen. „Ich weiß, wo welche stehen, wo ich ernten darf“, sagt sie, mehr will sie nicht verraten. Nur eins: Wildfrüchte schmecken generell besser, haben ein intensiveres Aroma. „Und es ist ein Rohstoff, der mich nichts kostet – das ist doch prima“, sagt sie, auch wenn es viel Arbeit macht, das Ernten und Herbeischaffen.

Aus den kleinen Zwetschgen wird Sirup hergestellt, sie wandern in Marmeladen und Chutneys. Hunderte Gläschen mit den Endprodukten – Made in Elflein-Straße – stehen in den Regalen. Verbraucherfreundlich wird fast alles in verschiedenen Abmaßen verkauft: Von der 60-Gramm-Probiergröße bis zum 250-Milliliter-Glas. Probieren darf man gerne von alldem – eine sinnvolle Entscheidungshilfe zwischen all den Sorten. Dann gibt es ein Löffelchen oder ein Schlückchen. Vieles klingt schon allein vom Namen her reichlich exotisch, geheimnisvoll, sodass man neugierig wird. Tannenspitzensirup klingt nach Heidiland, der Senf Beschwipste Orange, als könnte damit auch einmal eine schnöde Rostbratwurst aufpeppen. Es ist der Senf, auf den Susanne Posth ihr Hauptaugenmerk lenkt. Seit etwa 3000 Jahren wird diese Pflanze genutzt, als Gewürz und aufgrund ihrer appetitanregenden und verdauungsfördernden Wirkung geschätzt. Zwei 40-Kilogramm-Säcke mit Senfsaat stehen in der Küche, milde weiße und die schärfere dunkle Saat. Die Körnchen wurden aus der Pflanze gedroschen und getrocknet. Susanne Posth verarbeitet sie weiter. Sie werden in kleinen Portionen geschrotet, unter Wasserzusatz gemaischt und anschließend gemahlen, aber nicht zu lange und zu heiß, weil sonst unter der Wärme zu viel ätherische Öle austreten und den Geschmack mitnehmen. Beim industriell hergestellten Senf werde deshalb anschließend häufig Senfpulver hinzugefügt, sehr absurd – und unnötig, findet Susanne Posth. Im Verhältnis eins zu zwei wird der Senf dann mit weiteren Zusatzstoffen vermischt. Die Gläschen bekommen Etiketten, die Susanne Posth ebenfalls selbst herstellt. Und alles, was drin ist im Glas, muss auch draußen draufstehen.

Der Senf aus der Elfenmanufaktur ist durchgehend grob gemahlen, es gibt ihn süß mit Honig, mit Dill oder Mohn. Es gibt ihn in der scharfen Variante, mit Chili oder Wasabi, fruchtig mit Mango oder Aprikosen, auch der Feigensenf, ein Klassiker zum Käse, ist dabei. Als Kontrast zum süßen bayrischen hat sie scharfen Preußensenf kreiert. Aus ihrem Garten holt sie vielerlei Kräuter, Estragon, Meerrettich, und neuerdings auch Teltower Rübchen für ihre Senfkreationen. Sie findet Rezepte im Internet, probiert und schaut, ob es bei den Kunden ankommt. Wenn sie gefragt wird, was man mit ihren Produkten anfangen kann, verweist Susanne Posth auf die Internetseite: Dort hat sie Rezepte zu Fleisch, Fisch, Gemüse und Getränken gelistet. „Den Erdbeerbalsamico zu frischen Erdbeeren, mit Minze und Pfeffer – das ist doch was“, sagt Susanne Posth schwärmerisch.

Es sind aber auch die fruchtigen, die milden Essige, die Öle, die außergewöhnlichen Fruchtsirups und verschiedenen Sorten Brandy, die den Laden zu etwas Besonderem machen. Aus den Amphoren wird für den Kunden die gewünschte Menge abgefüllt, eine schmucke Glasflasche gibt es dazu. Ebenso bietet sie Obstbrände an, diese allerdings von Fremdherstellern. „Dazu bräuchte ich eine Brennlizenz“, sagt sie. Ein paar regionale Produkte, oft von Kollegen aus dem Slowfood-Netzwerk, hat sie in ihr Sortiment aufgenommen: Honig, Tee und Weine, Fleischkonserven vom Wollschwein.

Daneben gibt es manches mit Seltenheitswert. Rosenzucker und Rosenlikör, hergestellt aus den Blütenblättern der Freilandrosen ihres Gartens. „Garantiert frei von Pestiziden“, sagt sie. Ebenso verarbeitet sie alte, vergessene Früchte, die Beeren der Eberesche und die Früchte des Schlehdorns, die erst nach einer Frostnacht geerntet werden. Um all das an den Mann zu bringen, reist Susanne Posth an den Wochenenden zu Märkten und Messen wie der Grünen Woche in Berlin oder nach Stuttgart zum Markt des guten Geschmacks. Kunden aus der Ferne bestellen im Internet. „Der Internethandel ist ein wichtiges Standbein“, sagt sie. Firmen bestellen gern Mitarbeitergeschenke oder Präsentkörbe, und personalisierte, individuelle Etiketten wie „Julias Lieblingssenf“ sind kein Problem. „Mein Drucker steht gleich nebenan“, sagt sie. Am 23. August wird das erste Genussfestival auf dem Luisenplatz stattfinden, organisiert auch von Susanne Posth, Vorsitzende des Vereins Genussregion Havelseen.

Hermann-Elflein-Str. 11, (0331) 64751512

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })