Kommentar zum Prozess von Silvio S.: Schmerzhaft

Ein albtraumhafter Prozess geht zu Ende – mit einem wohl begründeten Urteil, das sich noch verschärfen könnte, sollte der Kindermörder Silvio S. mit weiteren Straftaten in Verbindung gebracht werden können. Auch jenseits dessen bleiben Fragen offen. Wie konnte es unbemerkt bleiben, dass ein Eigenbrötler zum Kinderfänger wurde, in einem Dorf, in dem der Angeklagte bizarrer Weise den Spitznamen „Schmökel“ trug – wie der mehrfache Mörder und Vergewaltiger Frank Schmökel, der vor rund 20 Jahren das Land Brandenburg in Atem gehalten hatte.

Auch in einer Kleingartenkolonie in Luckenwalde schöpfte niemand Verdacht, obwohl der Sonderling kurz nach den Schlagzeilen über den vermissten Jungen Elias in Potsdam dort eine Kiste vergrub. Nicht gehört wurden im Gericht auf eigenen Wunsch die Eltern des nun Verurteilten, die nicht merkten, dass im gemeinsamen Haus ein Kinderleichnam in einer Plastikwanne lag, daneben Sadomaso-Utensilien und viele Kinderpuppen. Zusätzlich bezeichnend an dem Fall ist auch, dass nach Mohamed – in jenen chaotischen Tagen der Flüchtlingsaufnahme am Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales – zunächst nur mit halber Kraft gesucht wurde.

Es wird in diesen Tagen viel über Gewalttäter gesprochen – und welche Anzeichen Bekannte und Familienangehörige hätten wahrnehmen können, um Taten zu verhindern. Dahinter steckt immer auch die schmerzhafte Frage, ob wir alles getan haben. So abgedroschen das klingen mag: Es ist immer an uns, an der Gesellschaft, solche Zeichen zu erkennen, Betreffende anzusprechen, Hilfe anzubieten. „Was ist los?“, Sensibilität und Empathie statt Arroganz, Egoismus und Gedankenverlorenheit. Damit sich solche Taten und albtraumhaften Prozesse nicht wiederholen.