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Aus 1300 eingereichten Filmen hat das „Sehsüchte“-Team 130 für das Festival im April ausgesucht
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Ein trüber Vormittag. Und trotzdem zieht die Photovoltaikanlage der Filmhochschule HFF über 2000 Watt aus dem Himmel. Gesamtenergie: 60 772 Kilowattstunden, CO2-Einsparung 42 540 Kilogramm. Das passt gut zum diesjährigen Studentenfilmfestival „Sehsüchte“. Denn der Fokus liegt nicht wie in den Vorjahren auf einem Filmland, sondern auf dem Thema „Nachhaltiger Film“. In der Cafeteria der Filmhochschule „Konrad Wolf“ (HFF) erzählt Festivalleiterin Kim Richter wie es dazu kam. Der „Rat für Nachhaltigkeit“ des Bundestages sei auf das studentische Festival zu gekommen, ob man sich das Thema nicht als Schwerpunkt vorstellen könne. Konnte man. Nun wird Bundestagspräsident Norbert Lammert einen Filmpreis für die „Sehsüchte“ stiften.
Vom 24. bis 29. April werden in den Thalia-Kinos und an der HFF wieder Studentenfilme aus der ganzen Welt zu sehen sein. Europas größtes Festival seiner Art zeigt in diesem Jahr insgesamt 130 Filme aus 30 Ländern. Das sind mehr als im Vorjahr, dafür hat man die Preisverleihung wieder von Samstag auf Sonntag verlegt, damit am Wochenende noch mehr Filme gezeigt werden können. Der Fokus „Nachhaltigkeit“ wird am Freitag zwei Filmblöcke erhalten. Man habe sich Gedanken gemacht, wie man dem inflationär benutzten Begriff gerecht werden könne, erzählt Kim Richter. Zu sehen sein werden einerseits nachhaltig entstandene Filme, andererseits Filme, die nachhaltiges Wirtschaften und Leben zum Thema haben. „Wir haben auch gefragt, ob der Zuschauer von einem Film nachhaltig beeindruckt wird, ob man danach etwas in seinem Leben ändern will“, erklärt die Festivalchefin, die wie ihre über 30 Kommilitonen vom „Sehsüchte“-Team an der HFF studiert. Das Festival organisieren die Studierenden seit vielen Jahren schon in Eigenregie.
Dafür haben sich die „Sehsüchte“ mittlerweile einen guten Ruf erarbeitet, auch weltweit. 1300 Filme aus der ganzen Welt wurden in diesem Jahr eingereicht. Die Anfrage vom Bundestagspräsidenten ist ein weiteres Qualitätssiegel. „Es ist schön, dass wir uns mittlerweile als stabile Marke etabliert haben“, sagt Talea Lambusch, Leiterin der Programmgruppe. Ein Ruf, dem man es auch zu verdanken hat, dass Filmprominenz wie Schauspielerin Nora Tschirner („Keinohrhasen“, „What a Man“) oder der Filmemacher Jan Tenhaven („Herbstgold“) in den Jurys sitzen. Auch wird die Filmemacherin Doris Dörrie („Kirschblüten – Hanami“) zu ihrer Retrospektive erwartet, wie auch der Skandal-Regisseur Jörg Buttgereit („Nekromantik“). 1300 Filme hatten die Programmmacher in den vergangenen vier Wochen zu sichten. Das überlebe man nur mit viel Kaffee und guten Filmen, so die Programmmacherin Talea Lambusch. Sicher, der Filmmarathon war auch ermüdend. „Doch wenn dann zu später Stunde plötzlich wieder ein richtig guter Film dabei war, war man sofort wieder hellwach“, erzählt Katharina Schwarz vom Programmteam. 33 Filmblöcke haben die Programmmacher daraus zusammengestellt. Wie immer beim Studentenfilm, sind die eigene Generation, das Älterwerden, das Sterben und der Krieg häufige Themen. Diesmal seien aber auch auffällig viele gute Dokumentarfilme dabei gewesen, sagt Manuel Tanner. So zum Beispiel der Film „Mind Space“ von der Potsdamer HFF . In stark inszenierten Szenen erlebe man hier einen Jungen, der Astronaut werden will. Man sehe nur den Jungen in einer Sandgrube, der sich ins All fantasiert, die Stimme eines Astronauten sei im Off zu hören. „Der Film schafft eine ganz besondere Stimmung, das ist für einen Dokumentarfilm ungewöhnlich“, findet Katharina Schwarz.
Ungewöhnlich dann auch der Film über einen jungen Deutschen, der sich wegen unbezwingbarer Vaterlandsliebe einweisen lässt. Dass der Film „Vaterlandsliebe“ von der Kunsthochschule Kassel eine Fake-Doku ist, hat Manuel Tanner erst beim Abspann bemerkt. Der Film war so gut gemacht, dass der Student bis zum Schluss sicher war, dass es sich um einen realen Fall handelt. In diesem Jahr seien viele Filme neben Deutschland vor allem auch aus Norwegen und Finnland gekommen. „Die sind superklasse“, sagt Katharina Schwarz, „schön und sensibel erzählt“. Aufgefallen sei auch, dass neben vielen ernsten Themen auch einige mit Humor dabei waren. Und diese dann auch in hoher Qualität. Für Liebhaber haben die Programmmacher zudem den „Midnight-Movie-Madness-Block“ wieder belebt: Mittwochs gibt es in der Festivalwoche verrückte Film zu sehen, um Mitternacht bei freiem Eintritt.
Jetzt, vier Wochen vor Festivalstart, fängt die Arbeit für das „Sehsüchte“-Team erst richtig an. „Wir sind gerade am Rotieren“, sagt Kim Richter. Die Programme müssen gedruckt werden, die Technik muss auf die Beine gestellt werden. Immerhin aber, der Trailer mit dem Maskottchen „Konni“ – alias Konrad Wolf (Bild) – hat in diesen Tagen die Hochschule verlassen: Im Internet und in den Kinos läuft nun der Count-Down.
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