zum Hauptinhalt

Inklusion: Schule für alle – „all inclusive“?

Die Familiengruppe „Leben mit dem Down-Syndrom“ lud Inklusionsexpertin Jutta Schöler in die Otto-Nagel-Schule zu Vortrag und Erfahrungsaustausch

Stand:

Inklusion klingt nach „all inclusive“: Jutta Schöler, emeritierte Professorin der Erziehungswissenschaft der TU Berlin, spielt gerne mit dem Bild des Rundum-Sorglos-Pakets für Urlauber. Es lässt sich schließlich auch auf ihre Vorstellung eines gemeinsamen Unterrichts für behinderte und nichtbehinderte Kinder anwenden: Alle Schüler einer Klasse bedienen sich an einer sogenannten Lerntheke, die die Pädagogen vorbereiten, und entscheiden selbst, wie sie ihren Lernhunger stillen können. Was in reformpädagogischen Schulen längst Alltag ist, ist ihrer Meinung nach das Ideal eines künftigen inklusiven Unterrichts.

Jutta Schöler ist eine Koryphäe in Fragen der gemeinsamen Beschulung von allen Kindern. Bereits in den 70er Jahren begleitete sie wissenschaftlich die Inklusion in Italien. Dort wurden 1977 per Gesetz die Sonderschulen abgeschafft. Zahlreiche Bücher zu dem Thema hat sie veröffentlicht, sie berät Eltern und Schulen, schreibt Expertisen zur Inklusion und ist Initiatorin des Jakob-Muthe-Preises für herausragende Inklusionsprojekte. Derzeit sitzt Schöler im wissenschaftlichen Beirat, der im Auftrag des Brandenburger Bildungsministeriums das Pilotprojekt Inklusive Grundschule begleitet. Am Dienstagabend lud die Familiengruppe „Leben mit Down-Syndrom“ Schöler zu einem Informationsvortrag an die Otto-Nagel-Grundschule in Bergholz–Rehbrücke ein. Für die Pädagogen der inklusiv arbeitenden Schule war dies gleichzeitig Fortbildung.

Als wichtigste Bedingung für eine gelungene Inklusion sieht Schöler die Kooperationsbereitschaft der beteiligten Erwachsenen, sowohl Eltern als auch Pädagogen. „Die Kooperation innerhalb der Schule muss von den Pädagogen oft erst gelernt werden.“ So sollten Schulleiter in der Stundenplanung Raum schaffen, damit Lehrer auch gemeinsamen Unterricht planen können. Die Sonderpädagogen sollten fest im Kollegium verankert sein. „Das ist ein Riesenvorteil.“ Den Weg, den Brandenburg derzeit geht, bewertete sie sehr positiv. Eine Lehrerin berichtet hingegen vom „enormen Arbeitsdruck“: „Wie kann man die da oben bewegen, Inklusion nicht als Sparmodell zu sehen, sondern da reinzubuttern?“, fragt sie. Schöler:  „Es ist eine Schande, dass die reiche Bundesrepublik so wenig Geld für Bildung ausgibt.“ Dass auch Brandenburg mitknausert, erwähnt sie nicht. Die Belastung komme auch daher, so Schöler, dass die Inklusionspraxis noch neu sei. „Es ist Stress, es ist zeitaufwändig, aber es ist auch positiver Stress.“ Denn schließlich lernen ihrer Meinung nach dabei auch die Pädagogen, das System Schule neu zu denken. giw

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })