Landeshauptstadt: Schüler auf Spurensuche
Klassen erkunden beim Projekt „Ein Tag in Potsdam“ die Geschichte der Landeshauptstadt. Dabei stoßen sie auf Fragen wie: „Was ist eine Orangerie?“
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Der neunjährige Salomon steht staunend vor dem Potsdamer Filmmuseum. „Dass da früher Pferde drin waren, hätte ich nicht gedacht“, sagt er. Aber Frage Nummer sechs der Stadtrallye ist damit noch nicht gelöst. Erst wenn er und sein Team erklärt haben, was eine Orangerie ist, lotst sie die nächste Aufgabe weiter zum Alten Markt. Dort endet für die zwei vierten Klassen der Eigenherd-Europaschule aus Kleinmachnow der erste Teil des Projekts „Ein Tag in Potsdam“.
„Wir möchten, dass sich die Schüler der Geschichte und Kultur von Potsdam nähern“, sagt die Projektleiterin Ulrike Strube vom Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG). Gemeinsam mit der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) Berlin-Brandenburg wird die Exkursion seit vergangenem Schuljahr angeboten. Der Tag gliedert sich in zwei Stationen. Im ersten Teil erforschen die Schüler unter Leitung des HBPG Potsdams historische Mitte. Anschließend geht es unter Führung der SPSG in das Neue Palais.
„Die Saison geht gerade los und es haben sich schon mehr als 70 Klassen angemeldet“, sagt Strube. Sie sieht den Erfolg des Projekts bestätigt. Bis Ende 2007 waren insgesamt 110 Busse mit Kinder- und Jugendgruppen da, darunter auch drei Polnische.
„Ich bin froh, dass wir einen Termin bekommen haben“, sagt Annette Wunderlich. Die Grundschullehrerin führt das große Interesse an dem Projekt auf die gute Organisation und die Vielschichtigkeit zurück. „Es ist nicht nur eine Rundfahrt, die Kinder werden dabei aktiv“, lobt sie. Zwar böten viele Museen kindgerechte Führungen an, oft fehle jedoch die Möglichkeit zum Mitmachen.
Währenddessen versucht sich in Salomons Gruppe Amelie am Kompass. „Die weiße Nadel zeigt nach Norden“, sie denkt kurz nach und deutet in die andere Richtung, „dann müssen wir da lang“. Schon stürmen sechs wissbegierige Viertklässler Richtung Süden. Sie sollen eine Steinfigur finden. „Meine Kinder haben den Umgang mit dem Kompass in der dritten Klasse gelernt“, sagt Wunderlich, die die Gruppe begleitet. Die 38-jährige Pädagogin sieht in dem Projekt eine gelungene Ergänzung zum Lehrplan. „Das Land Brandenburg ist dort gerade Thema“, sagt sie. „Das ist vielleicht auch der Grund, warum hauptsächlich vierte Klassen teilnehmen“, vermutet die Projektleiterin. Von 202 Klassen gehörten bislang 68 dieser Jahrgangsstufe an. Das Interesse ab Klasse zehn hält sich dagegen eher in Grenzen. „Dabei können solche Angebote gerade Jugendlichen zeigen, was ihr Land bietet“, sagt Wunderlich. Sie hofft, dass damit das Interesse an der Heimat gestärkt und dem Abwanderungstrend entgegengewirkt wird.
Auch das Bildungsministerium weiß diesen Wert zu schätzen. „Wenn sich Jugendliche als regionale Historiker sehen, fördert das natürlich die Verbundenheit zum Land“, bestätigt Sprecher Stephan Breiding. „Wir unterstützen noch weitere Projekte dieser Art wie Zeitensprünge von der Stiftung Demokratische Jugend.“ Um mehr Teenager anzusprechen, soll das Projekt „Ein Tag in Potsdam“ laut Strube thematisch noch ausgebaut werden.
Am Nachmittag steigen Salomon und seine Mitschüler in den Bus und fahren Richtung Park Sanssouci. Bisher fanden sie den Ausflug toll. „Wir haben viel Neues gelernt, und dass wir alles zusammen gemacht haben, war auch schön“, schwärmt Amelie. Im Neuen Palais werden sie den Herrscheralltag Friedrichs II. kennenlernen. Auch hier erleben die Kinder Geschichte im Wortsinn hautnah, denn sie dürfen sich auch königlich verkleiden. Carolin Bauer
Carolin Bauer
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