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Gegen den Abriss der Fachhochschule in Potsdam haben Aktivisten wiederholt protestiert.

© A. Klaer

FH in Potsdam: Sechs Millionen Euro für Fachhochschule

Das Bündnis „Stadtmitte für alle“ legt ein Kaufangebot vor, um den Abriss der Fachhochschule zu verhindern. Allerdings ist die Finanzierung noch nicht sicher.

Von Valerie Barsig

Potsdam/Innenstadt - Schnellen Schrittes eilt Holger Zschoge die Treppe hinauf. Dicht auf den Fersen Journalisten mit Kameras und Mikrofonen. Zschoge will zum Büro von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), wird aber erstmal von dessen Sekretärin abgefangen. „Na gut – wir wollen ja die Form wahren“, sagt Zschoge und stoppt an Jakobs Bürotür. Zschoge vom Bündnis „Stadtmitte für alle“ ist am gestrigen Mittwoch ins Rathaus gekommen, um der Stadt Potsdam ein Kaufangebot zu unterbreiten: sechs Millionen Euro für Potsdams Fachhochschule. Weitere 15 Millionen Euro plant das Bündnis für Bau- und Baunebenkosten.

Nur kurz muss Zschoge vor Jakobs Tür warten, dann beginnen bereits die Kameras zu klicken, als der Oberbürgermeister vor seine Tür tritt und das Kaufangebot in Empfang nimmt. „Ihr Vorschlag kommt reichlich spät“, sagt Jakobs und spielt damit auf das bereits im Mai beendete Bewerbungsverfahren für die Potsdamer Mitte an. Trotzdem, so verspricht er, wolle er sich das Angebot des Bündnisses ansehen. In zwei oder drei Wochen könne man mit einer Antwort rechnen. „Man kann allerdings nicht ohne Not aus einem solchen Verfahren aussteigen“, sagt Jakobs. Denn dann drohen Entschädigungszahlungen an potenzielle Investoren.

Sollte die Stadt Potsdam nicht einwilligen, will sich das Bündnis an das Land Brandenburg wenden

Aus Sicht von Bündnissprecher André Tomczak stellt ebendies kein Problem dar: „Der Schadenersatz wird eine Summe sein, die man gemeinsam bewältigen kann“, sagt er. Noch seien keine Vorverträge gemacht, also auch keine strengen Verbindlichkeiten vorhanden. Das Kaufangebot des Bündnisses „Stadtmitte für alle“ soll ebenfalls dem Land unterbreitet werden – denn noch gehört die FH dem Land Brandenburg. „Uns ist bewusst, dass eine Entscheidung über die Fachhochschule getroffen ist. Aber die kann man ändern“, sagte Zschoge. Er betont, es handle sich bei dem Kaufangebot um ein ernsthaftes und reales Angebot.

Insgesamt drei Modelle zum Kauf der FH schlägt das Bündnis vor: Favorisiert werde der Vorschlag, dass die FH zumindest in ihren Grundstrukturen erhalten und von der Stadt als Eigentümerin in einer 99-jährigen Erbbaupacht an das Bündnis übergeben werde. So würde das Ziel erreicht, die FH als öffentliche Fläche zu erhalten. Ein zweiter Vorschlag des Bündnisses ist der Kauf des Gebäudes durch eine GmbH, die Mitglied im bundesweiten Projekteverbund Mietshäusersyndikat werden könnte. Der Verbund berät 125 Hausprojekte in ganz Deutschland. Das dritte Modell, das das Bündnis „Stadtmitte für alle“ vorschlägt, ist der Kauf durch die Trias-Stiftung, die Grundstücke erwirbt, um sie vor Spekulationsgeschäften zu retten. „Die Stiftung hat signalisiert, dass sie sich vorstellen könnten, den Kaufprozess zu begleiten“, heißt es dazu vorsichtig von Zschoge. In den Planungsprozess eingebunden sei außerdem die Bochumer Gemeinschaftsbank GLS, die die Finanzierung nach Wünschen des Bündnisses sichern soll.

Bündnis will in der FH einen Platz für Wohnprojekte, Wissenschaft, Kultur und Sport

Geht es nach dem Bündnis, soll aus der FH ein „Haus der Gegenwart“ werden, in dem Wohnprojekte Platz finden, aber auch Wissenschaft, Kultur und Sport. Dazu soll das Gebäude in Grundzügen erhalten bleiben. Es würde damit nicht – wie von der Stadt geplant – im Herbst abgerissen, sondern es könnte verändert werden, sagt Tomczak. Klar sei, dass die äußere Hülle in jedem Fall energetisch saniert und die Technik im Gebäude erneuert werden müsse. In seiner seit Mitte Juni im Internet laufenden Bedarfsabfrage habe das Bündnis inzwischen rund 179 Anfragen für 20 000 Quadratmeter Fläche – die FH hat lediglich 15 000 Quadratmeter. Die Hälfte der 200 Eintragungen sei „sehr konkret“, heißt es vom Bündnis. Unter den Anfragen seien auch Raumbedarf für eine neue Privatschule und eine private Kita gewesen. Ebenfalls Bedarf für Räume angemeldet haben der Awo-Bezirksverband Potsdam und die Medienwerkstatt.

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Lesen Sie weiter:

Das Angebot des Bündnisses "Stadtmitte für alle" zum Kauf der FH kommt zu spät, meint PNN-Autorin Valerie Barsig in ihrem Kommentar.

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Das „Haus der Gegenwart“ soll nach den ersten Plänen in drei Bereiche aufgeteilt werden. Der Kopfbau am Alten Markt soll ein Haus der Stadtgesellschaft und Wissenschaften werden – mit Hörsaal, Caféteria und einem Zugang zu einem begehbaren Dachgarten, der auf der FH entstehen soll. Die beiden mittleren Blöcke sollen als Innovationshäuser mit Seminarräumen dienen. Dort sollen auch Vereine und Beratungsstellen sowie Ateliers für Kreative ihren Sitz haben. In den dortigen Obergeschossen sind Wohnräume geplant. Nebenan im letzten Block soll Platz für die Bibliothek und die Volkshochschule sein. Laut Schätzungen der Pro Potsdam würde die Sanierungs- und Umnutzungskosten der Gebäude weit über den vom Bündnis angesetzten 15 Millionen Euro liegen – nämlich bei rund 27 Millionen Euro. Die Stadt geht zudem von Einnahmeverlusten in Millionenhöhe aus, wenn die Stadt das FH-Areal nicht wie geplant für zwei Wohn- und Geschäftskarrees verkaufen kann.

Wenn die Stadt das Kaufangebot nicht annehme, hoffe man eben auf das Land, sagt Tomczak. Und wenn die auch nicht wollen? „Dann müssen wir weitersehen.“

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