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Landeshauptstadt: „Secondhand ist ein Trend“

Heute vor zehn Jahren eröffnete Karin Lingner ihren Secondhand-Shop: Vor Ebay hat sie keine Angst

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Die Auswahl ist Sekundensache: Potenzielle Ladenhüter scheint Karin Lingner auf den ersten Blick zu erkennen. Graue Jeans? Lingner schüttelt den Kopf: „Das ist momentan nicht so gefragt“, erklärt sie der Kundin, die ihr drei Hosen zum Kauf angeboten hat. Die anderen beiden Hosen allerdings passieren die Qualitätskontrolle der Ladenbesitzerin. Ihr Auge trügt sie selten: 70 bis 80 Prozent der Kleidung verkaufe sie auch, sagt Karin Lingner. Heute feiert ihr Secondhand-Shop in der Hermann-Elflein-Straße seinen zehnten Geburtstag.

Begonnen hat alles in einem viel kleineren Laden in der Hegelallee, erinnert sich die Geschäftsinhaberin. Nach einer Umschulung zur kaufmännischen Angestellten und einigen Jahren Berufserfahrung wagte die gelernte Informatikerin 1998 den Sprung in die Selbständigkeit: „Ich habe es nicht bereut“, sagt sie heute.

Als „sportlich-modern“ beschreibt sie den Stil der Kleider, die bei ihr auf der Stange hängen. Vier Wochen lang stehen die Sachen in Komission zum Verkauf. Was bis dahin keinen Käufer gefunden hat, kommt sozialen Projekten zugute, erklärt Lingner: Wenn der Anbieter die Sachen nicht wieder mitnimmt, kommen sie in die Suppenküche, in ein Potsdamer Kinderheim oder ins Bekleidungslager des Exvoto e.V.

„Secondhand ist ein Trend“, sagt Karin Lingner. Dabei gehe es nicht nur um das gesparte Geld: Ihre Kunden schätzten das Stöbern nach Einzelstücken. „Viele finden ihr Lieblingsstück hier“, sagt Lingner, die selbst Secondhand trägt. Das Publikum habe sich in den letzten zehn Jahren zunehmend verjüngt. Aber auch das Angebot verändere sich mit der Zeit: Mittlerweile gebe es viele Markensachen, „vor zehn Jahren war es noch mehr Katalogware“, erinnert sich die 43-Jährige.

Längst handelt sie nicht mehr nur mit Kleidung: Bereits ein Jahr nach Geschäftsöffnung kam ein Laden in der Lindenstraße dazu – für Technik, die von ihren Kunden oft nachgefragt worden sei. Und so kommt es, dass heute nicht nur Hosen und Röcke, sondern auch Digitalkameras, DVDs und Stereoanlagen in den Regalen des 120-Quadratmeter-Ladens zu finden sind. Sogar ein Super-Acht-Filmvorführer steht dort momentan: „Ich habe schon alles Mögliche verkauft“, sagt Karin Lingner. Die Internet-Verkaufsplattformen wie Ebay hätten sich nicht im Geschäft bemerkbar gemacht, erklärt sie.

„Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden“, resümiert sie zum Geschäftsjubiläum. Ärger habe sie in letzter Zeit höchstens mit zerstörten oder geklauten Aufstellern: „Ich lebe schließlich vom Laufpublikum“, sagt sie. In Zukunft will sie irgendwann einmal eine weitere Mitarbeiterin anstellen: Bisher ist nur Geld für eine Teilzeitkraft da.

Das Glockenspiel über der Tür bimmelt wieder: Eine Kundin schiebt einen Karton über den Ladentisch. Karin Lingner packt ein Computer-Modem aus. „Das geht heute gar nicht mehr“, meint sie und denkt kurz nach: „Versuchen Sie es doch mal bei Ebay.“ Jana Haase

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