Von Jana Haase: Sehnsucht nach echten Bildern
Kamera-Legende Michael Ballhaus stellte beim Fachforum zu digitaler Filmtechnik seinen neuen Film vor
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Dieser Mann hat Filmgeschichte geschrieben: Mit seinem Kamera-Auge haben Millionen Kinozuschauer Gary Oldman als Dracula gesehen, Michelle Pfeiffer in „Zeit der Unschuld“, Dustin Hoffman in „Outbrack“, Leonardo Di Caprio in „Gangs of New York“ oder zuletzt Jack Nicholson in „Departed – Unter Feinden“. Nach der Zeit als Kameramann von Rainer Werner Fassbinder arbeitete er 25 Jahre lang in Hollywood, bevor er wieder nach Berlin zog, wo er 2007 seinen Rückzug aus dem Filmgeschäft bekannt gab. Gestern Nachmittag war Michael Ballhaus nun zu Gast in Babelsberg. Auf dem Fachforum „HD at Work“ zur digitalen Film-Technik präsentierte der 73-Jährige sein neuestes Projekt: Einen Dokumentarfilm über Berlin.
Zur Berlinale im Februar 2009 soll der Film, den Ballhaus zusammen mit dem argentinisch-stämmigen Kameramann und Regisseur Ciro Cappellari („Mein Name ist Bach“) gedreht hat, fertig sein. Einen vierminütigen Vorgeschmack auf den Berlinfilm konnten die mehr als 200 Forum-Teilnehmer gestern im Kinosaal des FX Centers sehen: Darin wird Berlin als „großes Dorf“ beschrieben, und als Stadt mit einer „Hässlichkeit von großem Charakter“. Insgesamt 20 Menschen porträtieren Ballhaus und Cappellari, um ein Bild der deutschen Hauptstadt im 21. Jahrhundert zu zeichnen.
Weit mehr als 100 Stunden Filmmaterial wurden dafür aufgenommen. Die Materialmenge war ein Grund dafür, dass sich das Regie-Duo und die Produzenten von Cine Plus für digitale Technik entschieden. Eine derartige Menge auf 16 Millimeter zu drehen, hätte ein für einen Dokumentarfilm unrealistisch hohes Budget gekostet, so Cappellari. Mit der Qualität der digitalen Filmkameras sei er „sehr einverstanden“, sagte Michael Ballhaus.
Dass der Beruf des Kameramannes durch die Einführung von handlicher Digital-Technik für Jedermann an Bedeutung verlieren könnte, glaubt Ballhaus aber nicht: „Man kann nicht alles digital machen“, erklärte er. Er rechne mit „weniger Special Effects“ in Zukunft: „Das wird auf Dauer sehr langweilig“, glaubt die Kamera-Legende: „Die Leute haben eine Sehnsucht nach echten Bildern.“
An seinem Rückzug aus dem Filmgeschäft hält Ballhaus trotz des neuen Projektes fest: „38 Hollywood-Filme, das langt“, sagte er gestern: „Ich möchte keinen Film mehr drehen, das ist mir zu anstrengend.“ Er wolle sich nun verstärkt der Arbeit mit Studenten widmen. So sei für Januar ein Workshop an der Münchener Hochschule für Film und Fernsehen geplant. Auch ein Seminar an der HFF in Babelsberg könne er sich vorstellen.
Das Fachforum im FX Center fand bereits zum dritten Mal statt. Eingeladen hatte die Medien Bildungsgesellschaft Babelsberg gGmbH. „Wir wollen Berührungsängste der Produzenten abbauen“, erklärte Veranstalter Andreas Vogel. Während in anderen Ländern das digitale Format in der hochwertigen HD-Qualität längst Standard sei, wollen die öffentlich-rechtlichen TV-Sender in Deutschland erst 2010 umstellen, so Vogel.
Über Vor- und Nachteile der digitalen Technik sprach auch HFF-Professor Dietrich Sauter: Selbst HD-Technik trenne „schon noch etwas größere Welten“ von analoger Technik. Ein Problem sei etwa, dass Hautunreinheiten stärker zu sehen sind: „Da freut sich die Maske.“
Beliebt sind die digitalen Kameras trotzdem: Besonders, seit mit der „Red One“ ein relativ bezahlbares Modell auf dem Markt ist. Sie koste mit 17 500 Dollar nur ein Zehntel von dem, was andere Hersteller verlangen, erklärte Günter Neuhaus vom Berliner Kameraverleih „Ludwig Broadcast & Media“. Die „Red One“ wollte sich auch die Potsdamer Filmproduzentin Manuela Stehr von X Filme gestern genauer erklären lassen: „Unsere Regisseure wollen gerne damit arbeiten“, sagte sie.
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