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Landeshauptstadt: Sehr unabhängig

Günther Jauch, Potsdamer aus Leidenschaft, wurde gestern 50 Jahre alt – und ist aktiv wie nie

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Als Günther Jauch 1990 erstmals bei RTL das Magazin „Stern TV“ moderierte, war er gerade einmal 34 Jahre alt und passte genau in das damals wie heute strikte Zielgruppendenken des privaten Marktführers aus Köln – denn der gestaltet sein Programm vornehmlich für 14- bis 49-jährige Zuschauer. Damals hätte der schlaksige Mann mit dem jungenhaften Gesicht sich wohl noch nicht so recht vorstellen können, dass er persönlich als RTL-Moderator einmal dieser Zielgruppe entwachsen würde. Doch nun ist es unwiderruflich soweit.

Günther Jauch, Potsdamer aus Leidenschaft, wurde gestern 50 Jahre alt. Sein Äußeres hat sich nur wenig verändert. Er ist die gleiche schlaksige Erscheinung geblieben. Auch die geistige Frische ist nicht gewichen, beruflich hat der Journalist und Geschäftsmann Baustein um Baustein zugelegt. Er moderiert nicht nur Fernsehsendungen wie „Stern TV“, „Wer wird Millionär?“ oder die „5 Millionen SKL Show“, Fußball- und Skiveranstaltungen. Mit seiner Firma I & U Information und Unterhaltung produziert er mittlerweile inklusive „Stern TV“ eine dreistellige Zahl von Sendungen im Jahr.

Jauch wird allein deswegen nicht mit 50 die Beine hochlegen – auch wenn der eine oder andere in dem Alter schon die Weichen in Richtung Rente stellt. Im nächsten Jahr soll er Sabine Christiansen beerben und sonntagabends in der ARD talken. „Grundsätzlich wird sich für mich nichts ändern“, sagte Jauch dazu. „Bei RTL bin ich im Wort und auch der ARD habe ich für den Sonntagabend ab Herbst 2007 mein Wort gegeben. Bis dahin ist ja auch noch etwas Zeit.“ Ein Leben ausschließlich als Produzent von Fernsehsendungen könne er sich im Moment noch nicht vorstellen. Trotzdem „braucht“ er die TV-Präsenz nicht. „Ich fühle mich trotz vieler Aufgaben sehr unabhängig“, betont Jauch, der auch im privaten Bereich neue Wege beschritten hat: Bekanntlich heiratete er vergangene Woche in Potsdam seine Lebensgefährtin Thea Sihler.

Die berufliche Karriere des gebürtigen Münsteraners verlief bislang fast ausnahmslos glatt. Flecken sind in seiner Biografie nur an der Stelle zu finden, als der Journalist Michael Born in den neunziger Jahren der „Stern TV“- Redaktion gefälschte Beiträge unterjubelte.

Seine Ankündigung, nun zur ARD zu wechseln, hat allerdings die Gegner Jauchs innerhalb und außerhalb der ARD auf den Plan gerufen. Sie forderten jüngst, dass er auf seine zahlreichen Werbeengagements, ob nun für eine Biermarke oder eine Klassenlotterie, verzichten solle, weil sonst seine Unabhängigkeit und Seriosität nicht gewährleistet sei.

Die ARD und Jauch, der nach eigenen Angaben die Werbegelder spendet, verweisen darauf, dass die Vertragsverhandlungen noch nicht abgeschlossen seien. In Potsdam hatte Jauch mit Werbespots für die Zementindustrie den originalgetreuen Neubau des Fortunaportals auf dem Alten Markt finanziert – und bei zahlreichen weiteren Restaurierungen historischer Gebäude „ausgeholfen“.

Unabhängig davon hat sich Günther Jauch mit seiner unverwechselbaren Neugier, seinem Witz und seiner Leutseligkeit auf dem Bildschirm und dem sicheren Instinkt für neue Trends als Produzent einen Platz in der Fernsehgeschichte gesichert. Er ist in einem Zuge mit Hans Rosenthal, Peter Frankenfeld, Hans-Joachim Kulenkampff, Thomas Gottschalk oder Harald Schmidt zu nennen. „Fernsehen wird weiter eine große Bedeutung haben“, sagt Jauch. „Durch die zahlreichen Programme wird es aber für die Protagonisten immer schwieriger, noch überregional flächendeckend wahrgenommen zu werden. Insofern sind Moderatoren wie Thomas Gottschalk und Harald Schmidt vielleicht die letzten, die noch fast jedem Deutschen bekannt sind. Diese Werte werden bei allen potenziellen Nachfolgern deutlich niedriger sein.“ Carsten Rave

Carsten Rave

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