zum Hauptinhalt

Homepage: Sexuelle Gewalt oft verharmlost Krahé: Vergewaltigung in Beziehungen unterschätzt

Vergewaltigungen in Beziehungen werden nach Untersuchungen der Potsdamer Sozialpsychologin Barbara Krahé oft verharmlost. „Viele Menschen haben feste und stereotype Vorstellungen von einer ,echten’ Vergewaltigung“, sagte Krahé.

Stand:

Vergewaltigungen in Beziehungen werden nach Untersuchungen der Potsdamer Sozialpsychologin Barbara Krahé oft verharmlost. „Viele Menschen haben feste und stereotype Vorstellungen von einer ,echten’ Vergewaltigung“, sagte Krahé. „Das sitzt ganz fest in den Köpfen drin – auch bei Frauen.“ Die Psychologieprofessorin spricht von Vergewaltigungsmythen. Die Folgen für die Beurteilung der Tat – beispielsweise bei der Strafverfolgung – könnten immens sein.

„Bei einer vermeintlich echten Vergewaltigung lauert der unbekannte Täter hinterm Busch und überfällt die Frau hinterrücks“, erklärte Krahé. Fälle, in denen die Frau den Täter kennt, beide vielleicht sogar ein Paar waren oder sind, Alkohol im Spiel ist, oder es vorher intime Kontakte gab, passten nicht in dieses Bild. Kaum Zweifel an einer Vergewaltigung gibt es demnach bei einer Tat eines Fremden. Sobald jedoch ein Bekannter oder gar der eigene Partner der Täter ist, werde dem Opfer schnell eine Mitverantwortung zugeschrieben.

Krahé und ihr Team untersuchen seit vielen Jahren, welche Rolle diese Aspekte bei der Beurteilung des Einzelfalls spielen. Befragt werden bei Stichproben die Allgemeinbevölkerung, aber auch angehende Juristen und Rechtsanwälte. Das Ergebnis: „Je enger die Beziehung zwischen Opfer und Täter, desto weniger Schuld wird dem Täter zugeschrieben und desto größer wird die Mitschuld des Opfers eingeschätzt“, berichtete Krahé. Dies gelte auch dann, wenn in den Fallschilderungen die Frau ihren Protest gegen den sexuellen Übergriff klar zum Ausdruck gebracht habe.

Frauen falle es in dieser Situation oft schwer, sich als Opfer zu definieren, weil auch sie vielfach das Stereotyp der „echten“ Vergewaltigung im Kopf haben. Sexuelle Gewalt müsse auch im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt stärker als Problem erkannt werden, forderte die Wissenschaftlerin. „Selbstverständlich muss auch in einer Partnerschaft das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung gelten“, meinte Krahé.

Betroffenen Frauen riet die Potsdamer Psychologin, sich in jedem Fall an Beratungsstellen zu wenden – erst recht bei einer Strafanzeige. „Ohne professionelle Begleitung sollten sich Frauen nicht auf diesen Weg begeben“, betonte Krahé. Dies gelte auch mit Blick auf die eigene Verunsicherung: „Irgendwann fragen sich die meisten Opfer, ob sie nicht irgendeine Mitschuld haben“, erklärte sie. „Da ist es wichtig festzuhalten, dass die Schuld für sexuelle Gewalt immer beim Täter liegt.“   Marion van der Kraats

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })