Landeshauptstadt: „Sie würden sich im Grabe umdrehen“
Maria Pawelsz-Wolf, Tochter der Brandenburger CDU-Gründer, über den Machtkampf in der Union
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Der Gründungsvater der brandenburgischen CDU war ihr Vater. Die Rede ist von Wilhelm Wolf, dem ersten Vorsitzenden der Union im Land nach dem 2. Weltkrieg, der sich gegen Enteignungen der Sowjets wehrte und 1948 bei einem mysteriösen Autounfall umkam. Ihre Mutter, Erika Wolf, gründete in Potsdam die CDU, ehe sie 1950 in den Westen flüchtete, für die Union im Bundestag saß, von 1995 bis zu ihrem Tod 2003 Ehrenvorsitzende der Brandenburger CDU war. Und jetzt sagt Tochter Maria Pawelsz-Wolf, selbst 69 Jahre und mittlerweile so etwas wie ein christdemokratisches Urgestein, Sätze wie diesen: „Meine Eltern würden sich pausenlos im Grabe umdrehen“.
Sie spricht über die CDU der brandenburgischen Hauptstadt, über ihre Union, in der sich die frühere Berufsschullehrerin aus Hessen seit der Rückkehr in die Heimat 1999 engagiert, etwa im Seniorenbeirat der Stadt. Und sie bringt auf den Punkt, worum es bei der Schlammschlacht um den CDU-Vorsitz in Potsdam, die mit dem vorgezogenen Wahlparteitag am heutigen Dienstag im Filmpark Babelsberg ihren Höhepunkt erreicht, in Wirklichkeit geht: „Potsdams CDU wird für einen Stellvertreterkrieg missbraucht, für den Machtkampf in der Landespartei.“ Als habe man kurz vor der Kommunalwahl nichts Besseres zu tun.
Die Frontlinien dieser Auseinandersetzung sind klassisch. Erst hatten Ortsvereine um Ex-Landesgeneralsekretär Sven Petke, der Anfang 2007 im Kampf um den Landesvorsitz nach Jörg Schönbohm gegen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns knapp unterlag, den bisherigen Kreischef Wieland Niekisch zum Rückzug gezwungen. Niekisch, seit Jahren umstritten, Vizechef der Landtagsfraktion, gehört zum Junghanns-Lager. Der von seinen Anhängern dominierte Kreisvorstand nominierte für die Nachfolge mehrheitlich Hans-Wilhelm Dünn, Stadt-Chef der Jungen Union und Junghanns-Büroleiter. Prompt schickte die andere Seite, die öffentlich vorher wochenlang eine lagerübergeifende Lösung für den „Neuanfang“ angekündigt hatte, eine prominente Kampfkandidatin in den Ring: Katherina Reiche, Bundestagsabgeordnete, Vizechefin der Bundestagsfraktion, und Ehefrau von Sven Petke.
Neutral ist da niemand in der Stadt- CDU, auch nicht Maria Pawelsz-Wolf, die von „Vetternwirtschaft“ spricht. Die 69-Jährige hat zudem „nicht vergessen“, wie sie persönlich den Wiederaufbau des Potsdamer Stadtschlosses – eine Kernforderung des Kreisverbandes seit 1995 – auf dem Landesparteitag im neuen CDU-Landesprogramm, „gegen die Stimmen von Frau Reiche und Herrn Petke“, gegen die Abgeordneten aus ihrer Stadt, durchsetzen musste.
Kurz vor dem heutigen „Showdown“ spitzte sich die Auseinandersetzung noch einmal zu. Der Anlass: Der Kreisvorstand hatte, wie es hieß, nach Rücksprache mit dem Landes- und Bundesjustitiar bis zum Wahlparteitag die Aufnahme neuer Mitglieder auf Eis gelegt. Darauf hin drohte Peter Schultheiß, der frühere Polizeichef und Ortsvereinschef von Mitte/Nord, der den Niekisch-Sturz betrieben hatte, in einer E-mail an Schatzmeisterin Claudia Rahn unverblümt: „Es wäre doch bedauerlich ... dass wir für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass HW Dünn obsiegen sollte, die Wahl anfechten oder erneut die sofortige Abwahl betreiben würden.“ So lange wählen, bis die eigene Kandidatin gewinnt? Dies sei, so hat Schultheiß inzwischen wissen lassen, ein Missverständnis, eine Fehlinterpretation gewesen.
Wer auch immer heute das Rennen machen wird. Für den neuen Chef/die Chefin gibt es genug zu tun. Die Wahlergebnisse waren in den letzten Jahren nicht berauschend: Bei der Kommunalwahl 2003 holte die Union in der Stadt Potsdam 19 Prozent. Bei der Landtagswahl 2004 kam Niekisch auf 18,5 Prozent der Erst- und auf 15,6 Prozent der Zweitstimmen, Sven Petke im anderen Potsdamer Wahlkreis lediglich auf elf beziehungsweise11,5 Prozent. Katherina Reiche, die jetzt Stadtvorsitzende werden will, holte bei der Bundestagswahl 2005 im Wahlkreis 22,1 Prozent der Erststimmen und 19,1 Prozent der Zweitstimmen. Sie war damals auch Spitzenkandidatin der Landes-CDU, die damals in Brandenburg immerhin auf 22,9 Prozent der Zweitstimmen kam.
Maria Pawelsz-Wolf wünscht sich, egal wer gewinnen wird, jedenfalls nur eins: „Das wir uns mit aller Kraft und engagierter Kleinarbeit in den Wahlkampf stürzen können.“
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