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So lief der PNN-OB-Wahltalk in Potsdam: Sieben Kandidierende, mehr als 400 Besucher – aber kein Punktsieger
Mehr als 130 Fragen hatten Zuschauer eingereicht: Beim PNN-Talk zur Potsdamer OB-Wahl im Hans Otto Theater ging es zwei Stunden lang zur Sache. Wo Einigkeit herrschte und wer überraschte.
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Einen klaren Gewinner gab es an diesem Abend nicht, aber viele detailreiche Einblicke: Die sieben Kandidierenden für das Potsdamer Oberbürgermeisteramt haben am Sonntagabend vor mehr als 400 Besuchern im Hans Otto Theater dargestellt, wie sie Potsdam verändern würden.
Im OB-Wahltalk der Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN), moderiert von Chefredakteurin Sabine Schicketanz und Potsdam-Redakteurin Sandra Calvez, überwogen sachliche Töne. Fast durchgängig offene Ablehnung erfuhr einzig der AfD-Kandidat.
So beim Thema Zusammenarbeit: Hier schlossen fünf Kandidierende – alle außer Michael Reichert von den Freien Wählern – jegliche Gespräche mit der in Brandenburg vom Verfassungsschutz als „gesichert rechtsextrem“ eingestuften Partei aus. Reichert sagte: „Wir sprechen mit allen, arbeiten aber nicht mit allen zusammen.“ Auch sinnvollen Anträgen der AfD könne man zustimmen, meinte Reichert.
Unterschiede gab es in der Frage, wie die Kandidierenden als Rathauschef oder -chefin mit der Stadtverordnetenversammlung agieren würden. Die beiden Parteilosen, Noosha Aubel und Dirk Harder, der für die Linke antritt, wollen künftig ohne feste Allianzen gemeinsam mit den Fraktionen an Sachthemen arbeiten. SPD-Bewerber Severin Fischer strebt dagegen ein Bündnis für Stabilität und verlässliche Politik an. Mit welchen Parteien, ließ er offen.

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CDU-Kandidat Clemens Viehrig sagte, neben verlässlichen Mehrheiten müssten auch Projekte über Fraktionsgrenzen hinweg möglich sein. Entgeisterte Lacher erntete AfD-Mann Chaled-Uwe Said für seine Aussage, er wolle als Oberbürgermeister „einer demokratischen Partei“ die Stadt wieder vereinen, statt sie weiter zu spalten.

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Zur Anmeldung für die kostenlose Veranstaltung hatten die Gäste Fragen an die Kandidaten einreichen können, mehr als 130 kamen zusammen. Eine lautete: „Warum glauben Sie, dass Sie ,Verwaltung’ besser können als Ihr Vorgänger Mike Schubert (SPD)?“
Fischer erinnerte in seiner Antwort an seine Erfahrung in Landes- und Bundesverwaltungen, die er erfolgreich geleitet habe. Harder will den Rathausangestellten mehr Wertschätzung entgegenbringen. Said sprach von einer möglichen Mitarbeiterbefragung, Aubel von größeren Entscheidungsspielräumen für jeden Einzelnen. Die Beigeordneten wolle sie in einer Art Verwaltungsvorstand gemeinschaftlich in Verantwortung sehen, so Aubel, und zudem Menschen um sich scharen, die ihr widersprechen. Das solle ein Ringen um beste Lösungen möglich machen.

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Es müsse ein Klima herrschen, in dem gemeinsam Steine aus dem Weg geräumt werden könnten, sagte Viehrig. Dafür wolle er sorgen. Zudem beschworen alle Kandidierenden, dass mehr Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Prozesse im Rathaus beschleunigen könnten.
Eine Woche vor dem Urnengang am 21. September gab es übergreifend Einigkeit zum Befund, dass die Wohnkrise das drängendste Problem in Potsdam sei. Viele Rezepte dagegen klangen ähnlich. Zum Beispiel, dass nachverdichtet werden sollte – also weitere Wohnungen in schon bestehenden Vierteln errichtet werden müssten, zum Beispiel auf Supermärkten oder Parkplätzen.
Reichert und Said nannten die Senkung von Baustandards als Möglichkeit, billiger zu bauen. Die Bedeutung der kommunalen Bauholding Pro Potsdam und der Genossenschaften für den sozialen Wohnungsbau wurde von fast allen Kandidierenden übereinstimmend genannt. CDU-Bewerber Viehrig erinnerte zusätzlich an die Bedeutung privater Investoren für neue Häuser.

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Für größere Heiterkeit sorgte Alexander Dietmar Wietschel von der Satirepartei „Die Partei“ mit der Idee, dass Potsdam doch Kreuzfahrtschiffe auf den Potsdamer Gewässern betreiben solle – als Platz für Senioren, deren Wohnungen so frei würden: „Sie könnten dann Bewohner und Gast in der eigenen Stadt gleichzeitig sein.“

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Wietschel sorgte bei manchen Gästen wohl auch für eine Überraschung, als er am Ende der zweistündigen Runde zum zweiten Mal öffentlich erklärte, er empfehle für den 21. September die Wahl von Aubel.
Die Parteilose wird bereits von den Grünen, Die Andere, Volt und dem Wagenknecht-Ableger BfW unterstützt und erhielt in der Runde auch knapp den lautesten Applaus. Allerdings vermochten es insbesondere Fischer, Harder und Viehrig ebenfalls einige Male, das Publikum auf ihre Seite zu ziehen.

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AfD-Kandidat Said erhielt hingegen bei seinem Versprechen, die Fernwärmewende der Stadtwerke hin zur Geothermie wieder rückgängig machen zu wollen, keinerlei Applaus. Anders war das bei Aubel, die den Umgang der aktuellen Rathausspitze mit der Chefetage der Stadtwerke-Tochter EWP kritisierte: „Das konterkariert den eingeschlagenen Weg.“
Für einen grünen Alten Markt
Um möglichst viele Themen abdecken zu können, gab es auch zwei Kurz-Fragerunden mit der Vorgabe, nur mit „Ja“ oder „Nein“ zu antworten. Auch das war erhellend. So bekannten sich alle Kandidierenden – außer Wietschel – zur Sanierung des seit Jahren maroden Jugendklubs Ribbeckeck in der Potsdamer Straße.

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Einig war man sich auch, dass Geld für die Sanierung von Theater und Nikolaisaal da sein müsse und der Alte Markt endlich Bäume und mehr Grün benötigt. Letzteres wird vom Denkmalschutzamt im Rathaus abgelehnt, zudem behindern Leitungen unter der Erde allzu große Bäume.
Beim Thema „kostenloses Schulessen für alle“ sagten auch alle „Ja“ bis auf Aubel, die soziale Wohltaten wegen der schlechten Kassenlage nach Bedürftigkeit verteilen will.
Auch die zuletzt rapide schrumpfenden Stadtfinanzen waren Thema. Wo genau allerdings in größerem Rahmen gespart werden könnte, ließen alle sieben Kandidierenden weitgehend offen. Er halte wenig von solchen Spardebatten im Wahlkampf, sagte SPD-Mann Fischer, der das Rathaus für die Sozialdemokraten verteidigen soll. Er erinnerte an die voraussichtlich mehr als 90 Millionen Euro, die Potsdam über das Sondervermögen des Bundes zusätzlich bekommen dürfte.
Wietschel wiederum sprach vom „Exnit“ – einem nötigen Abschied vom einflussreichen Kämmerer Burkhard Exner (SPD). Dafür gab es auch Applaus.
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