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Landeshauptstadt: Soapstar auch ohne Make-up

Die Potsdamerin Josephine Schmidt spielt eine Hauptrolle in GZSZ. Damit ist sie ein Star – oder auch nicht

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Die Potsdamerin Josephine Schmidt spielt eine Hauptrolle in GZSZ. Damit ist sie ein Star – oder auch nicht Von Sabine Schicketanz Sie ist ein Soapstar. Und ist doch keiner. Josephine Schmidt spielt eine Hauptrolle in Deutschlands berühmtester Seifenoper. Doch mit den Jeanettes und Yvonnes des Quotenschlagers „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ hat die 22-jährige Potsdamerin absolut nichts gemein. Ihre braunen langen Haare trägt sie im hüpfenden Pferdeschwanz zusammengebunden, ihr Gesicht ist ungeschminkt, ihr Outfit eher unmodisch als trendy. Außerdem sieht sie aus, als sei sie höchstens 16 Jahre alt, ein Teenager. Was dazu führt, dass man sie ständig unterschätzt. Nicht nur wegen ihrer kindlichen Züge. Auch ihr Verhalten ist unbedarft. Wie das eines Mädchens, das noch nicht viel Schlechtes erleben musste. Vielleicht ist das Josephine Schmidts Geheimnis. Sie überzeugt mit dem Charme eines Mädchens und mit der Intelligenz einer jungen Frau. Einer, die doch mehr kennt als die Welt der Soaps. Einer, die sich ärgert, dass sie für die Seifenoper ihre Sprachkurse aufgegeben hat, und ihr Studium der Erziehungswissenschaften in Köln. Einer, die findet, dass ihr die straffen Drehtage in den Babelsberger Studios so viel Freizeit lassen, wie sie sonst nie hatte. Souverän umschifft sie die Klippen des Ruhms, räumt jegliche Vermutungen, ihre Rolle als „Paula“ und die täglichen Minuten Fernsehpräsenz hätten sie abheben lassen, nonchalant aus dem Weg. „Ich habe gern meine Ruhe“, sagt sie. Dass sie auf der Straße, im Supermarkt, im Kino erkannt wird, damit kann sie leben. Schön findet sie es nicht. „Schlimm ist es, wenn sich die Fans einfach vor einen stellen und Fotos machen“, sagt sie. „Ich bin doch kein Affe im Zoo.“ Doch Jo, wie ihre Freunde sie nennen, beklagt sich nicht. Kann sie auch gar nicht. Sie hat es schließlich so gewollt. Schon als Kind ging sie zu Castings, nicht unbedingt mit dem vollen Einverständnis ihrer Eltern. „Sie wollten, dass ich etwas ,Richtiges“ lerne.“ Dreißig, vielleicht vierzig Castings hat sie hinter sich gebracht, dabei herausgesprungen ist nur eine kleine Rolle in einer Fernsehserie. „Ich wollte es einfach probieren, es ging nicht darum, dass ich es mein Leben lang machen müsste.“ Dass sie Talent hat, bestätigten ihr die Filmemacher stets. Allerdings sei sie nicht der richtige Typ. „Zu dick“, sagt Josephine Schmidt. Nach dem Abitur am Humboldt-Gymnasium machte sie Schluss mit den Castings, zog nach Köln, um in Bonn Erziehungswissenschaften zu studieren – und nebenbei Chinesisch, Arabisch und Türkisch zu lernen. Fast überschwänglich erzählt sie von ihren Plänen. „Ich will einfach viele Sprachen können, ich will in vielen Städten leben, in Rom, in London, ich bin eigentlich offen für alles.“ Potsdam, ihre Heimatstadt, sei wunderschön, die Parks, die Schlösser, die Landschaft, „aber ich habe zwanzig Jahre hier gelebt“. Das ist Josephine Schmidt erstmal lange genug. „Ich stehe auf Stress und Hektik.“ Also eine Großstadt, eine Stadt wie Köln, nicht Potsdam. Doch sie kam trotzdem zurück. Der Arbeit wegen. Denn ganz so erfolglos waren ihre Casting-Versuche doch nicht geblieben. Zwei Jahre, nachdem sie sich für „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ beworben hatte, klingelte bei Josephine Schmidt in Köln das Telefon. Die Macher der Serie boten ihr eine Rolle an. Sie abzulehen, müsste man wohl fahrlässig nennen. Und schließlich war es schon immer ihr Traum, vor der Kamera zu stehen, sagt Josephine Schmidt. Aufregt war sie trotzdem nicht, selbst am ersten Drehtag nicht. „Ich bin ziemlich anpassungsfähig“, sagt sie. Druck spürt sie bei der Arbeit nicht. „Natürlich haben wir nicht viel Zeit, zwanzig bis dreißig Minuten für eine Szene.“ Und es sei ärgerlich, wenn sie besser spielen könnte, das aber den Zeitplan sprenge. „Viele sagen, Niveau und Qualität von GZSZ seien nicht so gut, aber sie wissen ja nicht, wie schnell wir arbeiten.“ Als Schauspielerin würde Josephine Schmidt sich selbst nie bezeichnen. „Ich bin Darstellerin, ich habe diesen Beruf nicht erlernt.“ Alles, was sie vor der Kamera zeigt, kann sie sich erarbeiten. „Dazu sind die Coaches da.“ Sie betreuen die Soapstars, proben und besprechen Szenen. Josephine Schmidt sieht das ganz locker. Ihren Vertrag, der seit August 2002 läuft, haben die Produzenten gerade um ein Jahr verlängert. „Uns gefällt, wie du es machst“, sagten sie. Selbst vor dem Moment, in dem ihre Figur, Paula, nicht mehr ins Konzept passt, hat sie keine Angst, behauptet die Potsdamerin. „Ich bin spontan. Entweder es kommen dann Angebote oder nicht.“ Theater allerdings kommt nicht in Frage. „Da habe ich noch keinen Draht gefunden. Ich stehe ungern auf der Bühne und lasse mich angucken. Da würde ich tot umfallen.“ Zusätzlich auf sich aufmerksam zu machen, ist Josephine Schmidt kein Bedürfnis. „Nein, ich will nicht singen“, sagt sie ungefragt – anspielend auf ihre prominenten GZSZ-Kolleginnen Jeanette Biedermann und Yvonne Catterfeld, die beide eifrig an ihrer Musikkarriere basteln. „Andere sind sehr ehrgeizig, aber mir reicht es im Moment eigentlich.“ Zumindest beruflich. Privat hat Josephine Schmidt das Klettern für sich entdeckt. Sie hat einen Kurs absolviert, steigt regelmäßig auf den Gipfel der Berliner Übungsfelsen. Symbolisch will sie das nicht gewertet wissen – also keine Gipfelstürmerin. Ehrlich leid tut es ihr, dass sie die regelmäßigen Trainingszeiten beim Potsdamer Karateverein Nippon e.V. nicht mehr einhalten kann, und um nicht ganz den Draht zu den vielen Sprachen zu verlieren, die sie bereits gelernt hat, will sie jetzt Volkshochschul-Kurse besuchen. Reicht das immer noch nicht, um die ihr scheinbar überdurchschnittlich großzügig zugeteilte Energie zu verbrauchen, wartet da noch „Rigo“, ein Mischlingshund, den Josephine Schmidt sich aus dem Tierheim geholt hat. „Ich bin mit Hunden aufgewachsen, sie haben mir gefehlt.“ Und mit „Rigo“ kann sich die Potsdamerin mit gutem Grund draußen bewegen – bis die Energie vielleicht tatsächlich alle ist. Einen anderen männlichen Begleiter außer ihren „Rigo“ hat die Potsdamerin nicht. „Wahrscheinlich bin ich zu wählerisch“, sinniert sie. „Und ich lerne wenig Leute kennen. Eigentlich gehe ich nur mit Freunden ins Kino.“ Keine Partys, kein roter Teppich? Nur selten nimmt Josephine Schmidt solche Einladungen an. „Wenn ja, dann style ich mich und mache es auch gerne.“ Allerdings nur, wenn es nicht zu oft vorkommt. „Wozu soll ich mein Gesicht aufwändig anmalen, wenn ich später alles wieder abwaschen muss“, protestiert sie vergnügt. Recht hat sie. Wozu eigentlich? Schließlich kann man offensichtlich auch ohne Make-up ein Soapstar sein.

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